Underworld

Tonight Alive – Underworld (2018)

Ja, verdammt nochmal! Auf solche Songs wie „Temple“ steh ich einfach total: Tonight Alive steigen mit einem düsteren Riff in ihren Alternative Rock ein, drehen beim Refrain dann aber das Vehikel komplett um und landen mitten im Keyboard befeuerten Power Pop. Sängerin Jenna McDougall darf düster vor sich hin singen und dann plötzlich mit ihrer hellen Stimme die gesamte Welt umarmen – das macht Laune und bleibt für lange im Zeit im Kopf hängen. Doch leider ist nicht alles auf „Underworld“ so gelungen und ausgeglichen, oft scheint der Zucker den ehemaligen Pop Punk komplett überzogen zu haben.

Das vierte Album von Tonight Alive ist keine typische Fortsetzung ihres bisherigen Klanges, gibt es doch im Gegensatz zum sehr glatten Vorgänger „Limitless“ wieder mehr Kanten und böse Riffs. Aber trotzdem übertreiben es die Australier in keinem Song, ihre Lieder fügen sich weiterhin den Verlockungen des Schönklangs und bunten Farben. Mit Gästen Lynn Gunn (PVRIS) und Corey Taylor (Stone Sour) holte man sich auch gleich zwei Stimmen ins Boot, die beide Extreme vertreten. Aber auch ohne Verstärkung schlägt sich die Band wacker und zielt immer in die korrekte Richtung. „In My Dreams“ ist wunderbar gross, „Crack My Heart“ verbindet Kampfgeist mit Empathie und „Waiting For The End“ besitzt die nötige Schwere.

Tonight Alive wissen also, wohin mit ihrer Musik – kommen nur selten in guter Form im Ziel an. Man hat das Gefühl, dass „Underworld“ irgendwie oft die Einfälle nicht korrekt bündeln kann und seine wahre Grösse verfehlt. Zu oft landet man im College-Radio, zu oft klingt alles wie böse geschminkter Pop der grossen Stars. So bleiben am Ende ein paar wirklich mitreissende Songs, tolle Riffs und das Charisma von McDougall – aber halt auch eine gewisse Leere. Für die Untermalung eines fröhlichen Fests eignet sich die Scheibe aber sicher gut.

Anspieltipps:
Temple, In My Dreams, Crack My Heart

Dieser Text erschien zuerst bei Artnoir.

Live: Underworld, Alexandra Palace London, 17-03-17

Underworld
Support: Rick Smith
Alexandra Palace, London
Freitag 17. März 2017
Setlist

In die Nachbarschaft zurückzukehren, alte Freunde wieder zu treffen – wer macht da nicht gerne eine gute Flasche Wein auf. Als Musiker transformiert sich dies natürlich in die abendliche Darbietung – und somit war auch das Wiederkehr-Konzert von Underworld in London alles andere als normal. Ihr Auftritt im Alexandra Palace, dem ehemaligen Sendeort von BBC nördlich der Grossstadt, schlug bereits im Vorfeld grosse Wellen und schnell waren die Tickets ausverkauft. Das Duo besucht die englische Hauptstadt selten und im Fahrwasser von „T2 – Trainspotting“ wollten um so mehr Menschen Karl Hyde und Rick Smith wieder einmal spielen sehen.

Und enttäuscht wurde man auf keinen Fall, war nicht nur das eigentliche Konzert ein riesiger Rave und ein emotionales Ereignis, sondern auch das Rahmenprogramm vorzüglich. Bereits kurz nach dem Einlass in die Konzerthalle durfte man nämlich Produzent und Musiker Smith in der Mitte des Saales dabei beobachten, wie er unter der visuellen Leitung von Simon Taylor alte Underworld-Songs neben dem Mischpult auseinandernahm und mit neu geschriebener Musik zu frischen Tracks mutieren liess. Über ihm thronte ein Kubus aus Leinwänden, durch die Besucher wanderten sonderliche Gestalten auf Stelzen.

Dank der grossartigen Lichtuntermalung geriet dieser Einstieg zu einem fast traumwandlerischen Tanz zwischen Ambient und Techno – das Surreal Carnival Experiment erfüllte alle namentlichen Versprechen. Die fesselnde Mischung aus schönen Melodien, treibenden Beats und riesigen Synth-Spuren zog sich dann auch durch das eigentliche Set von Underworld. Nun durfte auch Karl Hyde in Echt das Publikum begutachten und seine tollen Texte der Musik beifügen. „Mmm Skyscraper“ und „Juanita“ liessen den Auftritt gleich mit alten Höhepunkten starten, dann zeigten die Herren auch die Qualitäten ihres neusten Werkes mit „I Exhale“ und „If Rah“.

Und spätestens dann waren alle Besucher hin und weg – wenn auch zum Teil Mithilfe gewisser Substanzen. Doch getanzt wurde überall und die gewaltige Lichtshow tauchte das Alexandra Palace in passende Stimmungen. Dank Tänzer, dem riesigen Screen mit Projektionen und viel Strobo im Nebel war man schnell eines mit der Musik und flog davon. Dank Überraschungen wie „Cups“, „Ring Road“ oder „Moaner“ war die Setliste extrem unberechenbar und oft stolperte man von einem gehirnzerstörenden Kracher in ein wunderschönes Empathie-Feld. Doch diese Dualität hatte Underworld schon immer reizvoll gemacht.

Erneut bewiesen die Herren, dass ihre Musik zwar weiterhin tief in der elektronischen Wiege der 90er verwurzelt ist, aber auch Jahrzehnte später immer noch mitreissen und begeistern kann. Im Gegensatz zu anderen Weggefährten blieben Underworld immer neugierig und versuchten ihre Musik voran zu treiben – was in Stücken wie „Scribble“ oder „Slow Burn“ endete. Der Schluss des Konzertes gehört aber dem ohrenbetäubenden, augenerblindenden und synapsensprengeden Track „Born Slippy“. Erschöpft, durchnässt aber vor Glück strahlend machte man sich gemeinsam auf den Weg zur U-Bahn, Underworld gehören in den Palast.

Dieser Text erschien zuerst bei Artnoir.

2016 – Der Rückblick, die Listen

2016 – du warst kein einfaches Jahr. Nicht nur prallten praktisch jeden Tag Freud und Leid auf heftigste Weise zusammen, nein auch die Künstler- und Musikwelt musste sich von vielen Grössen verabschieden. So begann das Jahr mit dem Tod meines Helden David Bowie, kurz nach der Veröffentlichung seines neusten und wahrlich grossartigen Albums „Blackstar“ – und nahm sich dann in jedem Monat weitere Legenden. Leonard Cohen, Prince, Gene Wilder, Alan Rickman, Harper Lee, Umberto Eco und viel zu viele mehr. Es ist somit schwierig, eine Rangliste der besten Werke zu erstellen, möchte man doch all diese Seelen ehren.

Auch ist der Konsum aktueller Veröffentlichungen dank meiner Mitarbeit bei Artnoir in schwindelerregende Höhen gestiegen, was eine Beschränkung auf zehn Scheiben schier unmöglich macht. Somit muss ich dieses Jahr etwas mogeln – es gibt nun eine Top Ten für die Platten aus aller Welt, und eine weitere für Musik aus der Schweiz. Dabei allerdings sind mit diesen 20 Alben aber zu viele nicht beachtet. So gab es beispielsweise Grossartiges von Frost*, Leonard Cohen, Radiohead, PJ Harvey, James Blake, Rihanna, Wilco, Periphery, Wolf People, Moscow Mule und so weiter. Doch regelmässige Leser dieser Seite oder von Artnoir werden meine Texte zu deren Werken ja bestimmt mitgekriegt haben. Darum hier die Listen:

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Top Ten 2016 – Alben
1. David Bowie – Blackstar
2. Jarlath Henderson – Heads Turned, Hearts Broken
3. Nick Cave & The Bad Seeds – Skeleton Tree
4. Moby & The Void Pacific Choir – These Systems Are Failing
5. Dream The Electric Sleep – Beneath The Dark Wide Sky
6. The Hotelier – Goodness
7. Marillion – F*ck Everyone And Run
8. Touché Amoré – Stage Four
9. Underworld – Barbara, Barbara We Face A Shining Future
10. Thrice – To Be Everywhere Is To Be Nowhere

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Top Ten 2016 – Schweiz
1. Knöppel – Hey Wichsers
2. One Sentence. Supervisor – Temporär Musik 1-13
3. King MCH, effelav & Saruco – Hous der ond fegg di
4. Yello – Toy
5. Spencer – We Built This Mountain Just To See The Sunrise
6. Al Pride – Hallavara
7. Container 6 – Beschti Zyt
8. The Shamanics – Shamanic
9. The Beauty Of Gemina – Minor Sun
10. Wolfman – Modern Age

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Und ja, auch bei den Konzerten war es nicht so einfach, wenn auch klarer. Mit 85 besuchten Veranstaltungen (Konzertabend = 1, Festivaltag =1) stieg auch diese Zahl in absurde Höhen. Doch was macht man nicht alles für seine Journalistenkarriere? Wobei ich 2017 dies nicht zu übertrumpfen versuche, gesund wäre es wohl nicht. Und ja, in dieser Liste findet man einige übliche Verdächtige, aber Musik ist schlussendlich Emotion und gewisse Talente berühren mich halt am stärksten.

Top Ten 2016 – Konzerte
1. Marillion – 19.07.2016 – Huxley’s neue Welt, Berlin
2. Massive Attack – 21.07.2016 – Paléo Festival, Nyon
3. Underworld – 27.08.2016 – Zürich Open Air, Rümlang
4. Patti Smith – 29.06.2016 – Volkshaus, Zürich
5. Bruce Springsteen – 31.07.2016 – Stadion Letzigrund, Zürich
6. Ventil – 01.10.2016 – A-Synth Fest, St.Gallen
7. Battles – 12.08.2016 – Open Air Basel
8. Motorpsycho – 06.05.2016 – Fri-Son, Fribourg
9. Ellie Goulding – 28.02.2016 – Hallenstadion, Zürich
10. Gaia – 15.10.2016 – Oxil, Zofingen

Immer nur etwas zu hören ohne die Bilder dazu zu haben, ist doch auch doof, oder? Darum hier die besten Filme des Jahres. Wer die nicht kennt, sofort anschauen.

Top Ten 2016 – Filme
1. Toni Erdmann – Regie: Maren Ade
2. Arrival  – Regie: Dennis Villeneuve
3. Spotlight  – Regie: Thomas McCarthy
4. The Revenant – Regie: Alejandro Gonzalez Inarritu
5. Bezness As Usual – Regie: Alex Pitstra
6. Captain America: Civil War  – Regie: Russo Brothers
7. Everboy Wants Some! – Regie: Richard Linklater
8. Demolition – Regie: Jaen-Marc Vallée
9. Nocturnal Animals – Regie: Tom Form
10. The Lobster – Regie: Giorgos Lanthimos

Ausser Konkurrenz:
Nick Cave & The Bad Seeds – One More Time With Feeling

Live: Zürich Open Air – Tag 4, Rümlang, 16-08-27

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Zürich Open Air
Tag 4: Samstag 27. August 2016
Rümlang, Zürich

Als dann plötzlich die Regentropfen vom Himmel fallen, will es die tanzende Masse nicht wahrhaben. Nach vier Tagen voller Hitze, Schweissausbrüchen und lauwarmen Bieren erbarmt sich die Natur und gibt allen eine Abkühlung. Perfekt abgestimmt auf das letzte Konzert am diesjährigen ZOA fand man durch den Regen wieder neue Kraft und liess den Auftritt von Underworld zu einem bunten und durchgeknallten Fest werden. Auch für die Seele war dies Balsam, denn ich hatte nach dem Hoch am Freitag meinen Glauben an das Open Air schon fast wieder verloren.

Der Samstag begann für uns am Nachmittag nämlich mit einem Ausblick auf ein schier leeres Festival-Gelände. Trotz allen Voraussetzungen wie Wochenende, bestes Wetter und Stadtnähe traten wenige Leute die Reise nach Rümlang an. Coasts aus Bristol lieferten ihren sehr zuckrigen Pop-Rock somit zuerst vor fast leerer Wiese ab. Die Band liess sich davon nicht gross aus der Ruhe bringen, ihre Musik mich hingegen auch nicht. Zu lieblich, zu bekannt im Indie-Land. Auch Oscar And The Wolf hörten wir uns aus der Distanz an und erkundeten noch einmal das Areal. Was sagt es eigentlich über eine Veranstaltung aus, wenn sie die meiste Liebe in den Markt- und Konsumbereich steckt, hingegen Dinge wie Ernährung und Stimmungsförderer vernachlässigt?

Somit musste man sich nicht wundern, dass die Zuschauer bei Bilderbuch weniger mitsangen, tanzten und jubelten als es die Österreicher gewohnt sind. Trotzdem, ihre schräge Mischung aus Rock, elektronischen Remineszenzen der schlimmen Zeiten und etwas durchgeknallten Texten machte sehr viel Spass. Aus Wien kommen schliesslich nicht nur Wanda, und hier regierte für einmal der verbrecherische Gigolo. Diesen kleinen Aufstand benötigten The Strumbellas nicht, ihr lieblicher Folk-Pop spazierte durch das Land der Glücksbärchis und sorgte für keinerlei Überraschungen. Das war schon bei Mumford And Sons langweilig – doch leider immer noch besser als die Katastrophe die darauf folgte.

Die Kaiser Chiefs, damals in meiner Indie-Phase eine meiner liebsten Bands, sorgten nicht nur für Ohrenbluten, sondern auch schlechte Laune. Die Gruppe zerstörte ihre eigenen Hits und versuchte ihre neue Musik als gut zu verkaufen. Diesen Kirmeskrawall können sie aber gerne behalten, wie auch die schlechten Covers. Was für Debakel, wobei immerhin der Abschluss des Tages mit den ohrenbetäubenden Bässen von Dillon und der Techno-Herrschaft von Underworld zufrieden stellte. Die zwei Herren aus England liessen die Leute aus der Starre erwachen und lieferten mit Liedern wie „I Exhale“, „King Of Snake“, „Rez“, „Two Months Off“ und natürlich „Born Slippy“ eine wahnsinnig gute Show ab. Wie betäubt verliess ich den Ort und war nicht unglücklich, dass diese oft zähe Veranstaltung nun ihr Ende fand.

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Underworld – Barbara Barbara, We Face A Shining Future (2016)

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Underworld – Barbara Barbara, We Face A Shining Future
Label: Universal, 2016
Format: CD
Links: Discogs, Band
Genre: House, Techno, Electronica

Schaut nach vorne, nicht zurück – da erwartet uns eine schillernde Zukunft und Wohlstand. Und lange musste man von diesem Moment träumen, der scheinbar nie eintreffen wollte. Sechs lange Jahre liegen zurück, seit das englische Duo Underworld ihr letztes Album auf die Welt brachte. „Barking“ überraschte damals mit ungewohnter Popnähe und vielen Produzenten. Jetzt endlich ist aber die neuste Scheibe von Rick Smith und Karl Hyde da – und wieder genau so, wie man es sich von den Herren wünscht. Stimmungsvoll, treibend, faszinierend.

Wie schon immer beweisen Underworld auch mit „Barbara Barbara, We Face A Shining Future“ Geschmack. Das beginnt bereits bei der Gestaltung und dem Cover, dem Albumtitel und natürlich den Lyrics. Karl Hyde weiss einmal mehr seine Texte mit wenigen Sätzen und Wortreihen interessant zu gestalten und perfekt in die Musik einfliessen zu lassen. Die Symbiose aus Stimme und Synths ist perfekt, keine andere Gruppe aus dem elektronischen Bereich kann ihnen das Wasser reichen. Natürlich geht diese Perfektion auch weiter bei den Harmonien, Melodien und Beats. Ob wild verzettelt wie in „I Exhale“, sehnsüchtig schwelgend bei „Nylon Strung“ oder völlig abdriftend in „Santiago Cuatro“ – Underworld erreichen auf diesem Album eine wahnsinnig hypnotische Mischung. Stimmungswelten voller Klangflächen, Ambientwolken und mitreissende Rhythmen. Das Duo legt hiermit eine der besten House / Techno Scheiben seit langem vor, und wohl zugleich auch ihre eigene beste Arbeit seit sehr, sehr langem. Das Album spielt mit Referenzen an die Vergangenheit der Gruppe, ist aber immer modern und progressiv.

Mit ihrem neusten Werk haben es Underworld wieder einmal geschafft und ein vereinnehmendes Stück elektronische Musik erschaffen. Somit muss man nicht lange träumen und hoffen, „Barbara Barbara, We Face A Shining Future“ macht die Gegenwart wunderschön und glänzend. Fantastisch durchdacht, ausgeführt und aufgenommen. Die sieben neuen Lieder machen glücklich und beweisen: Underworld sind die besten, bleiben die besten, sind für immer.

Anspieltipps:
I Exhale, Slow Burn, Nylon Strung

30 Day Song Challenge – Woche 2

30 Tage sind noch lange nicht erreicht, darum hier die Fortsetzung zum ersten Teil.

Day 08 – A song you liked when you were younger
Alabama 3 – Woke Up This Morning


Ich weiss noch genau, dieses Lied war eines der ersten, das ich damals auf dem PC hatte. Geschickt via MSN von einem Freund. Und lustigerweise befindet sich der Song immer noch auf meinem iPod.

Day 09 – A song that makes you want to dance
Underworld – Always Loved A Film


Das erste Album, das ich von Underworld gekauft habe. Und dann gleich mit diesem grossartigen Lied drauf, wundervoll!

Day 10 – A song that makes you cry
Anathema – Dreaming Light


Eigentlich ist „Dreaming Light“ kein tragisches Stück, aber diese unverkennbare und extrem melancholische Art von Anathema, machen es zu einem sehr berührenden Moment.

Day 11 – Best Intro to a song
U2 – Zooropa (Live 360° Tour)


„Zooropa“ von der gleichnamigen Platte ist schon als Albumversion supertoll, wurde auf der 360° Tour aber mit diesem fantastischen Intro ausgestattet. Wer entdeckt alle Querverweise auf andere Bands?

Day 12 – A song that reminds you of your best friend
Nina Hagen – Du hast den Farbfilm vergessen


Das erste Mal in Berlin, und die ganze Woche Songs geträllert. Und der kam immer wieder auf. Wieso auch nicht?

Day 13 – A song you sing to in the shower
Luciano Pavarotti – O Sole Mio


Also eigentlich nur die drei Wörter plus sinnlose Laute. Oder halt diese unsäglichen Textzeile und Melodien, die immer so kleben bleiben.

Day 14 – A song you like hearing live
Marillion – Neverland


Schon als Live-Aufnahme hat „Neverland“ eine unglaubliche Wucht. Wenn man die Band dann aber selber erlebt und als Zugabe dieses Stück erklingt, dann ist man hin und weg.

Bis in einer Woche.

10 perfekte Momente von Songs in Filmen

Wieder einmal ein neues Thema einer Blogroll, das mich auch im musikalischen Bereich tangiert. FriedlVonGrimm war so freundlich, mir das Thema der perfekte Momente von Liedern in Filmen aufzubrummen. Lange habe ich nun gebraucht, um genügend Beispiele zusammen zu tragen. Perfekte Momente von Liedern in Filmen, ein Thema, das für mich schwierig zu erfassen ist. Meist schaue ich mir Filme nur ein bis zwei Mal an, selten bleiben da solche Szene im Langzeitgedächtiniss. Trotzdem gibt es ein paar Bild-Ton Kombinationen, die mich begeistern.
Reihenfolge zufällig und ohne Rangliste.


Sunshine // „Mercury“ von Underworld & John Murphy
Ok, eigentlich ist es kein Song, sondern ein Lied vom Soundtrack selber, darum gilt es nur als 10.5. Doch die Verbindung der wunderbaren und andächtigen Bilder und der emotional gespielten Gitarre, ist und bleibt für mich einer der wundervollsten Momente in diesem grandiosen Film von Danny Boyle. Berührend und schön.


Back To The Future // „Power Of Love“ von Huey Lewis And The News
Über den Film muss ich hoffentlich keine Worte verlieren, zählt er doch weiterhin zu den allerbesten und schönsten Abenteuer, die mal vor der heimischen Glotze erleben darf. Einen grossen Anteil am Feel-Good Gefühl trägt der Soundtrack, dominiert von Huey Lewis And The News. Ihr Lied „Power Of Love“ ist nicht nur Teil der Szene, sondern definiert die Musik über weite Strecken des Films.


Watchmen // „99 Luftballons“ von Nena
Der Streifen ist in meinen Augen ein grossartiges Stück Comicverfilmung, wenn auch nicht ohne Überlänge. Nebst den beeindruckenden Bildern und der passend adaptierten Geschichte, bleiben vor allem die interessant eingeflochtenen Lieder hängen. So auch das Anti-Atomkrieg Lied von Nena, leider nur angespielt aber trotzdem einbrennend.


Southland Tales // „Memory Gospel“ von Moby
„Southland Tales“ ist ein überfrachtetes und wirres Abenteuer voller Szenen mit doppeltem Boden. So laut und überdreht der Film meist ist, so ruhig und sanft wird er am Schluss. Genial unterlegt mit einer B-Seite von Moby, tanzend in den Weltuntergang.


Donnie Darko // „Mad World“ von Gary Jules
Auch der Kultfilm über Zeitreisen, Familie und böse Hasen platzt fast vor Song-Szenen. Extrem mitreissend und tieftraurig ist aber der Schluss mit „Mad World“, hier in der Version von Gary Jules. Ich könnte jedes Mal weinen.


The Boat That Rocked // „A Whiter Shade Of Pale“ von Procol Harum
Wenn ein Film über die Musik funktioniert und wahrgenommen wird, dann „The Boat That Rocked“. Die Geschichte über die Piratenradiostation in England enthält so viele Klassiker aus den 60er, dass man sich fast nicht entscheiden kann, welche Szene nun die beste ist. Wirklich unter die Haut geht aber der Moment, in dem das Schiff sinkt, und alles verloren scheint. Und mit welch anderem Lied sollte man seinen Untergang sonst begleiten?


Children Of Men // „Court Of The Crimson King“ von King Crimson
King Crimson geben ihre Musik selten für Samples oder Filme frei, umso beeindruckender darum der Moment in „Children Of Men“. Die dystopische Geschichte passt zum Fanfarengeblase und hoch auftrumpfenden Lied des scharlachroten Königs. Und wer entdeckt den perfekten Pink Floyd Moment?


Sucker Punch // „Sweet Dreams (Are Made Of These)“ von Emily Browning
Man hasst den Film, oder liebt ihn. Ich liebe das Werk von Zack Snyder für all seinen Wahnsinn und Übertriebenheit, und die grossartigen Cover von bekannten Liedern. So startet der Film auch gleich wie ein Musikvideo, und Hauptdarstellerin Emily Browning singt sich durch den Klassiker von Eurythmics.


Iron Man 3 // „Blue (Da Ba Dee)“ von Eiffel 65
Auch wenn dieser Hit aus den 90er nur kurz angespielt wird, er passt wie die Faust aufs Auge. Text, Stimmung, Aufbau, alles fügt sich wohlwollend in das bisher verrückteste Intro eines Marvel-Filmes. Tony wusste schon 1999 wie man feiert, und schliesslich war das Lied in der Schweiz damals auch wirklich ein Hit.


Into The Wild // „Big Hard Sun“ von Eddie Vedder
Was hatte mich der Film beschäftigt und geprägt, die Romantik des Entsagen, der Einsamkeit und Abenteuerlust. Und natürlich der umwerfende Soundtrack von Eddie Vedder. Mit dem Cover von „Big Hard Sun“ erreicht der Film einen frühen Höhepunkt und geht sofort tief unter die Haut. Eddie singt wie kein zweiter, egal ob Solo oder mit Band.


Spring Breakers // „Everytime“ von James Franco / Britney Spears
Der bunte und grelle Film über die heutige ausufernde Zustände der Selbstwahrnehmung und des Realitätsverlust bietet viel elektronische Partymusik, und eine erstaunlich introvertierte Szene. „Everytime“ von der jungen Britney Spears untermalt stumme Bilder voller Gewalt und Wahnsinn. Das Genie von Harmoni Korine zeigt sich hier endlich.

Nominieren darf sich jeder selber, ich bin sowieso wieder viel zu spät für diese Blogroll.

Underworld – Baby Wants To Ride (2015)

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Underworld – Baby Wants To Ride
Label: Junior Boy’s Own, 2015
Format: 12inch Vinyl
Links: Discogs, Band, Website
Genre: House

Frankie Knuckles war eine Legende und der fast alleinige Verwalter des House. Sein Einfluss ist bis heute unglaublich gross und die elektronische Musik hätte sich ohne sein Zutun komplett anders entwickelt. Doch leider verstarb der grossartige DJ und Produzent im März 2014, seine Musik lebt aber für immer weiter.

Underworld, das Duo aus England, hat sich nun mit befreundeten Künstlern daran gemacht, Knuckles Tribut zu zollen. Der tolle Dance-Track „Baby Wants To Ride“ wurde von ihnen genau betrachtet und neu verpackt. Dem Original hört man natürlich in allen Klängen die Herkunft aus den 80er Jahre an, doch bei der Neuauflage wurde dies geschickt umgangen. Die Synths klingen böse und knarzen wie alte Stahlträger, wie man es sich von Underworld gewohnt ist. Karl Hyde übernimmt die Rolle des Sprechers und ändert den Text bei gewissen Zeilen sanft ab. Auf der ersten Seite durften Heller und Farley gegen das Duo antreten, das Resultat ist ein pochender Track für die Tanzfläche. Auf fast zehn Minuten wird geclapt und gepiept.

Die zweite Seite – oder AA – teilen sich Underworld mit The Misterons. Hier wird aus „Baby Wants To Ride“ ein eher filigranes Gewachs, mit weniger konstanter Beschallung, sondern mehr Raum für die einzelnen Spuren. Modern und zeitgemäss erklingt das Lied auch hier, es drängt sich aber weniger in den Vordergrund. Auf die Tanzfläche lockt auch diese Homage, mir selber ist es aber zu freundlich. Beide Varianten ergeben zusammen aber eine hervorragende und gelungene Neuauflage eines Klassikers. Frankie hätte seine wahre Freude.

Hier das Original:

 

Live: Underworld, Casino de Paris, 15-03-19

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Underworld
Donnerstag, 19.03.2015
Casino de Paris, Paris

Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, nach jahrelangem Warten, ungeduldigen Besuche der Website und Däumchendrehen eine heiss geliebte Band endlich wieder live erleben zu können. Underworld aus England reisen selten um die Welt, noch weniger oft besuchen sie die Schweiz. Seit ich das Duo also kennen gelernt habe, konnte ich sie nicht mehr in echt bestaunen. Als die Ankündigung der Jubeltour, zum Geburtstag vom grossartigen Album „Dubnobasswithmyheadman“, meine Sphäre erreichte, war ich hin und weg und entschied mich, wieder einmal eine weitere Reise auf mich zu nehmen. Paris, Stadt der Liebe und Ort des Konzertes erschien reizvoll. Und war eine vorzügliche Wahl.

Für den Auftritt wurde das Casino de Paris gewählt, ein altes Theater mit roter Samtpolsterung, grossem Balkon und stolzen Getränkepreisen. Glücklicherweise wurden die Sesselreihen im Parterre entfernt, und das grosszügig erschienene Publikum konnte tanzend dem Konzert entgegen fiebert. Ein DJ legte dazu stimmige Ambient- und Technotracks auf, bis dann um halb Neun die Lichter ausgingen und Karl Hyde mit Darren Price auf der Bühne erschien. Rick Smith beschränkte sich auf die Arbeiten im Hintergrund und am Mischpult. Dem Gesetz des Albums folgend, begann die Show mit „Dark & Long“. Die Show wurde dabei von Lied zu Lied vergrössert, und aus wenigen Scheinwerfern entwuchs ein Spektakel mit unzähligen Lichtern, riesigem LED-Screen und Stroboblitzen. Das heizte die Zuschauer noch mehr an, und spätestens ab „Spoonman“ wurde gefeiert und getanzt. Diese Euphorie steigerte sich immer mehr und explodierte förmlich bei den Knallern „Cowgirl“, „REZ“ und „Spikee“.

Underworld beschränkten sich auf Lieder aus ihren Anfangstagen, getreu dem Tourmotto. Dies tat dem Spass aber keinen Abbruch, wissen die alten Stücke doch genau so zu gefallen wie ihre neueren Werke. Karl Hyde zeigte sich wie immer sympathisch und offenherzig, und plauderte mit den Leuten. Dazu schrammte er auf der Gitarre, zupfte am Bass oder konzentrierte sich auf den Gesang. Darren sorgte mit den Beats und Keyboardflächen für viel Druck und Gepolter. Gegen Ende kochte nicht nur die Stimmung, auch die Luft im Casino de Paris war heiss und feucht. Als die Band dann noch für „Born Slippy.NUXX“ auf die Bühne zurückkehrte, und während dem Song im ganzen Gebäude die Lichter anschaltete, war Paris ein Herz und eine Seele und feierte ohne Zurückhaltung. Fantastisch und umwerfend. Für alle die Techno mögen, führt weiterhin kein Weg an Underworld vorbei.

Und obwohl ich solche Videos nicht mag, das hier zeigt die Stimmung doch ganz gut.

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Top 10 Soundtracks

Na da habe ich den Salat. Sobald man stärker in den Blogkreisen verkehrt, wird man nominiert und genötigt, Listen zu erstellen. Danke hierbei an FriedlvonGrimm, ich werde mich noch revanchieren. Zuerst aber musste erschreckend feststellen, dass ich sehr selten und eher ungern Filmmusik höre. Klar, ich liebe Kino und die Symbiose von Musik und Bild. Aber eben, ohne Bilder empfinde ich den Soundtrack dann oft als zu fad oder wirkungslos. Trotzdem finden sich in meiner Sammlung einige Alben, die ich auch ohne dazugehörige Filmrolle nicht mehr missen möchte.

Was hierbei sicherlich auffällt, es tummeln sich wenig Klassiker darunter. Denn gerade die sinfonische Orchestermusik mag ich ohne die Bilder weniger. Bietet aber ein Film aufregende Elemente in der Musik (sei dies elektronische Einflüsse, tolle Lieder oder ähnliches), dann steht er bei mir meist hoch im Kurs. Gern gehört werden bei mir auch Songsammlungen mit viel Stil, aber lest selber. Viel Spass beim wundern und kopfschütteln.

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11. Passengers – Original Soundtracks Vol. 1
Eigentlich ein Kandidat für den ersten Platz, disqualifiziert sich das Album von den Passengers aber gleich selber. Denn die Musik wurde zu imaginären Filmen geschrieben, die sich die Musiker während den Sessions ausmalten. Die dabei entstandenen Songs sprühen förmlich vor Kreativität und Abenteuerlust. Klänge werden bis zur Unkenntlichkeit verfremdet, Gesang experimentell eingesetzt. Synths und Keyboards erhalten viel Gewicht und unterstützen den grandiosen Aufbau der drei ersten Songs. Und dann wird klar: Hinter all dieser Musik verbergen sich U2 und Brian Eno! Wagen die Iren heute leider keine solchen Ausflüge in die Kunst mehr, erlebte immerhin „Your Blue Room“ eine wunderschöne Wiedergeburt auf der letzten Tour.

10. V.A. – Jackie Brown
Eigentlich könnte hier jeder Film von Tarantino in der Liste stehen, jedenfalls alle klassischen. Aber nur Jackie Brown hat es geschafft, mich für eine neue Musikrichtung zu begeistern. Wenn ein OST mit „Across 110th Street“ von Bobby Womack beginnt, kann er nur perfekt sein. Denn gibt es ein besseres Lied im Bereich Soul? Meiner Meinung nach nicht, und auch „Didn’t I (Blow Your Mind This Time)“ und „Street Life“ machen einfach Laune. Eingebettet zwischen Dialogzeilen und Raritäten aus den 70ern, bietet die Musik zum unterbewerteten Jackie Brown vor allem eines: Klasse.

9. Pink Floyd – The Wall
Ist das nun ein Soundtrack oder ist der Film ein Begleitwerk zur Musik; oder beides zusammen und doch anders? Wie auch immer, Pink Floyd haben mit „The Wall“ eine verstörende Geschichte vorgelegt, die als Album und Film funktioniert. Wirklich erst gezündet hat alles aber damals, als ich Roger Water’s The Wall live bestaunen durfte. Plötzlich machte es klick und die Lieder ergaben mehr Sinn und Tiefe. Sicherlich, den Film kannte ich auch schon zuvor, aber seit diesen Konzerten bin ich erst von „The Wall“ (die Musik) überzeugt.

8. Rick Smith & V.A. – Trance
Egal was es ist, sobald einer der beiden Herren von Underworld etwas Neues veröffentlicht, kaufe ich es blind. Soweit geht meine Liebe zu diesem Elektro-Duo aus England, und dabei mache ich auch vor Filmmusik nicht Halt – besonders, wenn der Soundtrack zu einem Film von Danny Boyle gehört, einer meiner liebsten Regisseure. Rick Smith hat für „Trance“ ein flirrendes, stampfendes und immerzu vorwärts treibendes Gefährt erschaffen, dass nicht nur den Mindfuck aushaltbar macht, sondern das Gehör beglückt. Und in der Mitte brechen plötzlich UNKLE durch den Boden und geben der Musik noch die Goldbeschichtung, wenn man nicht schon dank Emeli Sandé im Himmel schwebt.

7. Cliff Martinez & V.A. – Drive
„Drive“ von Nicolas Winding Refn ist ein Meisterwerk in Sachen Stil und Wirkung, immer unterkühlt und gnadenlos in seiner Inszenierung. Musikalisch bedient sich der Film in der Retro-80er Bewegung und lässt vor allem eines erklingen: Synths und Drums mit viel Hall. Das passt wie die Faust aufs Auge und gibt dem Film die letzte Coolness. Cliff Martinez ergänzt die Lieder mit pochender Elektronik und entspanntem Ambient.

6. V.A. – Sucker Punch
Ich gebe es zu, dieser Film führt meist zu Kopfschütteln und Unverständnis, aber ich finde Sucker Punch mit all seinen sexy Darstellerinnen, abgedrehten Welten und visuellen Ergüssen toll. Und wenn ein solcher Streifen schon wie ein Musikvideo beginnt – und dazu die Hauptdarstellerin Emily Browning eine grossartig düstere Coverversion von „Sweet Dreams (Are Made Of These)“ anstimmt – dann bin ich im Boot. Ein Remix von Björks „Army Of Me“, Emiliana Torrini singt ein Jefferson Airplane Cover von „White Rabbit“ und Emily bezirzt weiter mit „Where Is My Mind“. Hammergeil, Revue-Nummer am Schluss inklusive.

5. V.A. – The Boat That Rocked
Mein liebster Gute-Laune-Film spielt in den Sechzigern und handelt von den Piraten-Radiostationen. Woraus der Soundtrack besteht, sollte ja eigentlich auf der Hand liegen: Unzählige, perfekte und bis heute gern gehörte Klassiker aus Pop und Rock. „Elenore“, „Judy In Diguise“, „Crimson And Clover“, „My Generation“, „A Whiter Shade Of Pale“, „Let’s Dance“ und und und.

4. V.A. – I’m Not There
Bob Dylan ist eine faszinierende Persönlichkeit – dies spiegelt sich auch in der Unfassbarkeit seiner Musik wieder. Filmisch versuchte man ihm schon mehrmals auf die Schliche zu kommen, aber nur „I’m Not There“ aus dem Jahre 2007 hat dies aus meiner Sicht geschafft. Genau damit, dass Dylan nie vorkommt und er nie klar definiert wird. Seine Musik wird von einer ewig langen Liste wunderbarer Musiker und Bands interpretiert und neu erschaffen. Man muss es gehört haben, um es zu glauben.

3. Trent Reznor & Atticus Ross – The Social Network
Trent, NIN, Oscar, Ambient, Sternstunde. So einfach lässt sich die Musik zum Facebookfilm von David Fincher zusammenfassen. Trent Reznor, der Frontmann von Nine Inch Nails, und der Produzent Atticus Ross haben hier eine prämierte Zusammenarbeit veröffentlicht, die Ambient, Electronica und düstere Klangwelten mischt. Das passt nicht nur super zu den distanzierten Bildern, sondern legte auch den Grundstein für eine fruchtbare Zusammenarbeit. Seither haben die beiden Herren die Filmmusik zu „The Girl With The Dragon Tattoo“ und „Gone Girl“ geschrieben und dabei das Niveau konstant hoch gehalten. So gut wie hier wurden sie aber nicht mehr.

2. Underworld & John Murphy – Sunshine
Wie oben schon geschrieben, sind Underworld für mich eine der besten Bands auf dieser Erde. Ihre Kollaboration mit John Murphy führte zu einer kompositorischen Meisterleistung. Die Musik für „Sunshine“ von Danny Boyle versteht es nicht nur, kongenial die Bilder zu verstärken und zu untermalen, sondern funktioniert als komplett eigene Ebene und Erzählweise. Ich bin immer wieder erstaunt, wie viel Gefühl und Liebe in den kurzen Stücken steckt. Und wenn dann Merkur zu den verzerrt gezupften Gitarrenklänge auftaucht, dann liebe ich denn Film noch tausend Mal mehr.

1. Peter Gabriel – Passion (Music for The Last Temptation of Christ)
Etwas absurd, aber der erste Platz belegt bei mir eine Filmmusik, deren dazugehörigen Streifen ich nie gesehen habe. Aber als Fan von Peter Gabriel musste ich mir alles in seiner Diskografie zulegen, darunter auch diesen Soundtrack zum kontroversen Film von Martin Scorsese. Und an der Musik ist einfach alles wunderbar: Die druckvolle Perkussion, der östliche Einfluss der Musik, die Duduk, die typischen gabrielesken Lautgesänge, das Gefühl durch Sand zu gehen, und die Bedrohlichkeit, die sich gegen Ende in Hoffnung und Liebe auflöst. Ein Meisterwerk seiner Karriere, ganz ohne Gesang. Spannend, dass ich nun so viele Dinge mit dieser Musik verbinde, dass ich fast Angst habe, denn Film anzuschauen. Zerstört es mir diese Erinnerungen?

Weitere Soundtracks von Peter Gabriel: Birdy, OVO, Long Walk Home

Was war der erste Soundtrack, der dich vollends begeistert hat?
Als junger Knabe war ich ein totaler Star Wars Fan, alles über die alte Trilogie habe ich verschlungen. Somit war auch die Filmmusik – besonders von Episode 6 – eine Reise in eine neue Welt. Dank der Doppel-CD zur Special Edition lerne ich auch Kuriositäten wie „Jedi Rocks“ oder die doch sehr kitschige Endzermonie lieben. John Williams war damals allgemein hoch im Kurs bei mir, auch dank einer Compilation mit vielen Theme Songs. Heute höre ich diese Musik interessanterweise gar nicht mehr.

Mit welchem Soundtrack bist du im Nachhinein auf die Nase gefallen, weil er doch nicht mehr so toll wirkte, wie noch im Film?
Hier gibt es viele Kandidaten, eine grosse Enttäuschung war aber „Tron: Legacy“ von Daft Punk. Im Film funktioniert die Mischung aus Orchester und Techno sehr gut, gerade weil die Musik es versteht, die grossartigen Bildern episch zu untermalen. Wenn man zu „The Grid“ durch die Stadt gleitet, oder zu „End Of Line“ den futuristischen Club betritt, ist das geil. Ohne Bilder aber irgendwie fahl und lasch. Die Musik plätschert vor sich hin und man fragt sich, wieso Daft Punk nicht mehr gewagt haben. Schade, denn das kurz danach erschienene Remix-Album macht vieles besser, mit wenig Mehraufwand.

Welchen Soundtrack hast du dir als letztes angehört/durchgehört?
Faszinierend fand ich die Musik in Birdman. Der komplette Soundtrack besteht nur aus einem virtuos gespielten Jazz-Schlagzeug und verbindet die endlosen Kamerafahrten mit wilder Musik und Polyrhythmik. Wenn dann plötzlich der Schlagzeuger sogar selber im Film auftaucht und die handelnden Figuren mit ihm interagieren, fügt sich dies dank der Meta-Ebene wunderbar in das verspielte Drehbuch ein. Grossartig anders, künstlerisch gewagt.
Zuletzt gekauft habe ich mir Gone Girl und Interstellar, dazu sind hier auf dem Blog die Kritiken zu finden. Beide empfand ich auf ihre eigene Art und Weise bewegend und mitreissend.

Weitermachen darf:
Autopict, Call Me Appetite, andiau