Björk – Utopia (2017)

Band: Björk
Album: Utopia
Genre: Electronica / Experimental / Art-Pop

Label: One Little Indian
VÖ: 24. November 2017
Webseite: bjork.com

Björk musikalisch auf sich wirken zu lassen, das war schon immer mit viel Konzentration und Aufwand verbunden. Die isländische Künstlerin versucht seit 1975 mit und ohne Bands, die Klang- und Realwelten zu ändern und zu fordern. Auch ihr letztes Studioalbum „Vulnicura“ aus dem Jahre 2015 regierte mit harten Brüchen, kargen Songs und der Bewältigung der zerbrochenen Ehe – zwei Jahre später wird es nicht einfacher, aber bunter. Denn mit „Utopia“ hat die Musikerin ihren Schmerz vorerst überwunden und schaut wieder voller Lust auf Kreatur und Mensch. Gewöhnlich ist aber auch an ihrem neunten Werk nichts.

Alleine mit der Laufzeit von knapp 72 Minuten ist „Utopia“ nicht nur die bisher längste musikalische Schöpfung der ehemaligen Sängerin der Sugarcubes, sondern ein wahrer Brocken an Geräusch, Melodie, Gesang und Effekten. „Arisen My Senses“ schichtet zu Beginn nicht nur die Stimme von Björk gleich mehrfach übereinander, es werden Harfe, schwere Synthies, Geplätscher von digitalem Wasser und scheinbares Zwitschern zu einer Brücke in den Himmel verflochten. Und dieser Bogen zur artifiziellen Natur spannt sich dann auch gleich über das gesamte Werk, in Liedern wie „Paradisia“ oder „Courtship“ regieren die Roboter im Hintergrund. Mit Stücken wie dem fesselnden Epos „Body Memory“ oder dem fast brutalen „Losss“ erhalten aber auch die Bässe und dunklen Absichten ihren Spielraum.

All diese Einflüsse verbinden sich mit waghalsigen Gesangsmelodien, Flöten und Kaskaden von Synthies zu einem Werk, das in jeder Sekunde vielschichtig, weiblich, mutig und ausdrucksstark ist. „Utopia“ gleicht sein Cover der Musik an und bietet Farben und flirrende Erlebnisse – mittendrin die erstarkte Björk. Man tanzt, denkt und flirtet beim Anhören automatisch mit ihr und ihrer Welt, lässt sich vom Orchester in „Saint“ verzaubern und findet sogar dekonstruierte Popmusik, die an ihre frühen Alben erinnert („Sue Me“). Und wie immer wird die Künstlerin ihrem Ruf gerecht und liefert ein Album ab, das Progression, Genuss und Aktualität kongenial verbindet.

Anspieltipps:
Body Memory, Losss, Saint

Dieser Text erschien zuerst bei Artnoir.

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