Monat: April 2018

Torres – Three Futures (2017)

Mit Torres ist es immer das Gleiche: Ihre Musik zeigt sich zuerst sperrig und schier unüberwindbar fremd, doch mit jeder vergangenen Minute wird die Faszination grösser und man entdeckt die Genialität hinter den Kompositionen. So geschah es bei mir auch mit ihrem dritten Studiowerk „Three Futures“ – der Anfang  war etwas holprig, nun aber steh ich vor einem Berg neuer Lieder, die mich berühren und faszinieren. Mackenzie Scott hat es erneut geschafft und ein düsteres Werk, irgendwo zwischen Industrial, Folk und depressivem Rock geschrieben.

Ganz so genial wie der Vorgänger „Sprinter“ ist die neue Scheibe der Engländerin zwar nicht, kratzt aber mit Songs wie „Skim“ erneut an der Erträglichkeit der lärmigen Liederkunst. Torres führt uns mit „Three Futures“ in eine Welt, in der viele Hoffnungen im Kern erstickt wurden und fesselt die Hörer mit extremer Dynamik, meisterlichem Umgang mit Verzerrung und schleppender Faszination. Lieder wie „Righteous Woman“ sind kleine Meisterwerke, wachsen schier unstoppbar in den Himmel und entziehen sich den meisten Vergleichen.

Es ist aber nicht alles der Verzweiflung nahe, Torres spielt neu auch mit dem Electro-Pop und streut ein paar Prisen Gothic in ihre Musik. Momente wie der Titelsong oder „Helen In The Woods“ sind somit wunderschön und schweissen sogar verbitterte Feinde wieder zusammen. Immerzu emotional, vereinnehmend und herrlich anders – „Three Futures“ ist erneut ein Tauchgang mit gewissem Risiko, belohnt aber alle Mutigen. Aber Vorsicht: Nicht immer bleiben die Songs zurückhaltend, Frau Scott weiss sich auch mit schneidenden Gitarrenriffs zu wehren.

Anspieltipps:
Skim, Righteous Woman, Helen In The Woods

Dieser Text erschien zuerst bei Artnoir.

Jack Maniak – Code 403 (2017)

Münze ein geworfen, Knöchel geknackst, Finger auf dem Controller – mit den ersten Klängen von „Stripe Is Back“ hebt sich der Pixel-Vorhang und man beginnt sein Abenteuer zwischen Alien-Invasoren und lauten Explosionen. Jack Maniak, das neue Projekt des französischen Musikers Jean-Philippe, ist ein treibendes Schauspiel zwischen lauten Synthie-Riffs, harten Rock-Rhythmen und Achtziger-Faszination. „Code 403“ ist somit nicht nur der brutale Bruder zu „Stranger Things“, sondern auch der perfekte Soundtrack zum Roman „Ready Player One“.

Wie es sich für einen alten Automaten-Shooter gehört, wird mit jedem Level (oder halt Song) die Spannung grösser und die Schwierigkeit extremer. Jack Maniak gibt somit ab „No Fate“ nur noch Vollgas und reitet auf den Klangwellen davon. Synthwave nennt sich diese Musik, ein Bastard aus extremen Basslinien, mitreissendem Electro-Drum und verzerrten Synthies, die sich auch gerne mit posenden Gitarren anlegen. Instrumental und immer ein wenig grössenwahnsinnig, durchgeknallt aber mit gehöriger Selbstironie – „Code 403“ scheut sich weder vor Klischees noch extremen Zitaten.

Heroischer wäre es wohl nur noch, wenn man in der Realität mit dem KITT auf der Autobahn den Terminator verfolgen würde und dabei die knallbunte Umgebung konstant in die Luft gejagt würde. Aber auch so rettet Jack Maniak mit „Code 403“ jeden grauen Tag und fesselt mit seiner gerne aberwitzigen Musik. Schnallt euch also das Bandana um, haltet genügend Münzen bereit – der Endboss wartet auf euch.

Anspieltipps:
No Fate, Final Departure, Dangerous Night

Dieser Text erschien zuerst bei Artnoir.

Stick To Your Guns – True View (2017)

Hardcore stand schon immer dafür, sich sehr kritisch mit den politischen und sozialen Begebenheiten auseinanderzusetzen. Für ihr sechstes Album haben die Amerikaner Stick To Your Guns diese Perspektive aber nun verlassen und Sänger Jesse Barnett nimmt sich die Geister in seinem eigenen Körper an. Selbstreflexion ohne Gnade, begleitet von harten Riffs und Breakdowns, Gitarrenwänden und düsteren Grooves. „True View“ bricht dabei aber nicht mit klanglichen Traditionen, sondern ist ein weiterer Schritt in der Erfolgsgeschichte der Band.

Nach einem intro-artigen Song („3 Feet From Peace“) stürzen sich Stick To Your Guns mit „The Sun, The Moon, The Truth: Penance Of Self“ gleich in die Abgründe. Viel emotionales Geschrei, tief gestimmte Gitarren und ein schleppendes Vorankommen, nicht weit vom Doom entfernt – dieser Kampf gegen die mentalen Probleme und Beziehungskrisen ist kein einfacher. Schnell aber zieht das Tempo wieder an und die schmissigen Refrains mit Chor-Gesang kehren zurück. Die Mannen aus Kalifornien schlachten einzelne Ideen aber nie zu lange aus, sondern zeigen auf „True View“ ein gutes Händchen für geschickt platzierte Wechsel, eine eindrucksvolle Dynamik und Gefühle, die dich hart treffen.

Ob also klassisch wie bei „Married To The Noise“ oder gnadenlos und auf den Punkt wie bei „You Are Free“ – diese Mischung aus Hardcore, Punk und modernem Anspruch geht immerzu auf und packt sofort. Epik trifft auf simple Bausteine (siehe „56“), unsere eingerosteten Gedanken treffen auf neue Ansichten und Ausdrücke. Stick To Your Guns haben mit „True View“ ein Album geschrieben, dass im hart umkämpften Gebiet des intensiven Metalcore ohne Probleme besteht und als Sieger vom Platz geht. Und die Wunden werden heilen.

Anspieltipps:
The Sun The Moon The Truth: Penance Of Self, Cave Canem, You Are Free

Dieser Text erschien zuerst bei Artnoir.

Burrows, Terry – MUTE, die Geschichte eines Labels (2017)

Nicht nur die Musik macht aus einem Label das, was wir wahrnehmen und ins Herz schliessen. Spannend ist der Umgang mit Produzenten von Platten doch immer dann, wenn eine direkte Kommunikation mit dem visuellen Erscheinungsbild stattfindet. Doch wie klar wird eine solche Linie, wenn sich ein Label über 40 Jahre im sehr wechselhaften Geschäft der populären Musik befindet? Erstaunlich stringent in seiner Vielfalt und handgemachten, experimentalen Darstellung – wie „Mute – Die Geschichte eines Labels“ von Terry Burrows und Daniel Miller nun in bunter Pracht darlegt.

1978 in England von Daniel Miller gegründet, wurde aus dem kleinen DYI-Label schnell ein grosser Name für Musik aus dem Bereich Post-Punk, New Wave und Synthie-Spässe. Weltbekannte Namen wie Depeche Mode, Nick Cave & The Bad Seeds, Fad Gadget, Goldfrapp oder Moby durften hier früh ihre ersten Schritte wagen und prägten mit ihrer Musik viele Kindheiten. Die dazugehörigen Covermotive, Single-Designs oder Plakate wurden teilweise ikonisch und lassen sich nun in „Mute – Die Geschichte eines Labels chronologisch entdecken. Terry Burrows begleitet die Evolutionen, Versuche und Mutationen der bildnerischen Gestaltung mit informativen Texten und erklärt damit so einige Rätsel.

Das beste an „Mute – Die Geschichte eines Labels“ ist aber, wie liebevoll und offen mit dem Material umgegangen wird. Man erhält als Leser Einblicke in die Entstehungsprozesse der Designs, darf zwischen frühen Entwürfen und nicht verwendeten Skizzen blättern und sogar alle Tochterlabels begrüssen. In klarem Layout und auf über 300 Seiten wird hier also die Musikgeschichte noch einmal herrlich aufgezeichnet und bietet für Techno-Freaks (Plastikman) wie auch für kaputte Seelen (Wire) Interessantes. Mute – ein Name, der auch heute noch für Qualität steht und hier von Terry Burrows gebürtig gefeiert wird. Und schnell wird klar: Am eigentlich Konzept der Veröffentlichungen hat sich während 40 Jahren nichts geändert: Noch immer gilt das Raue, das Seelenvolle, die ehrliche Intention. Auch im Design.

Dieser Text erschien zuerst bei Artnoir.

Gary Numan – Savage (Songs from a Broken World) (2017)

Es wird immer heisser, die Vegetation zieht sich zurück, die Länder werden unwirtlich und schier nicht mehr bewohnbar. Was machst du, wie gehst du mit der Hitze um? Gary Numan, die New Wave und Synthie-Pop Legende aus England, stellt sich in seinem 21. Studioalbum „Savage (Songs From A Broken World)“ genau diesen Fragen und präsentiert ein Konzept, dass die sandige und monochrome Wirkung des Cover in seinen Songs weiterträgt. Dabei sollte man sich aber nicht von der Single „My Name Is Ruin“ täuschen lassen, denn diese Platte ist eher zurückhaltend.

Grossen Synthieflächen, Chorgesang und immer wieder aufkommende Basswellen gehören bei Gary Numan natürlich auch 2017 zu seinem Repertoire. Hinzu kommt, dass der Künstler auf „Savage (Songs From A Broken World)“ die immer stärker werdende Vermengung zwischen Ost und West auch in seinen Klängen thematisiert und den Dark Wave mit orientalischem Schmuck versieht. Das steht Songs wie „Bed Of Thorns“ sehr gut und hilft der vorgetragenen Geschichte, oft erhalten Stimme und Melodie aber viel Raum. „And It All Began With You“ wirkt zärtlich und zerbrechlich und zeigt, dass wir uns besser um die Zukunft kümmern sollten.

Mit „When The World Comes Apart“ oder „What God Intended“ erhalten die wuchtigen Beats und verzerrten Synthies noch einmal grosse Chance zum strahlen und Gary Numan führt sein Album geschickt in eine nachdenkliche aber immer fesselnde Stimmung. Nicht alles geht dabei gleich gut auf, aber am Ende von „Savage (Songs From A Broken World)“ ist man doch froh, dass uns der Musiker wieder neues Material geschenkt hat – auch wenn seine Stimme manchmal etwas zu gleichförmig über den Songs thront.

Anspieltipps:
My Name Is Ruin, When The World Comes Apart, Mercy

Dieser Text erschien zuerst bei Artnoir.

Live: Sounds From The Heart Festival, Werk21 Zürich, 17-12-16

Sounds From The Heart Festival
Bands: Hanté, Salvation AMP, Sons Of Sounds, Patricia Scheurer
Samstag 16. Dezember 2017
Werk21, Zürich

Gegensätze, Abwechslung, Erbe – das erste Sounds From The Heart Festival bot für eine Nacht im Werk21 in Zürich einen interessanten Querschnitt durch die dunkle Szene. Mit direkt gegenübergestellten Vergleichen und einem intensiven Verbund aus Vergangenheit und Moderne wurde der kalte Samstag im Dezember zu einem eleganten Treffen für Freunde und Neugierige. Und dieses Spiel mit den Zeiten war bereits in der Dekoration sichtbar, wurde der Kellerraum des Dynamos doch von elektrischen Kerzen erhellt und Fledermäusen bewohnt, denen nicht nur Ozzy den Kopf abbeisst – waren sie schliesslich leckere Kekse.

Patricia Scheurer, Autorin aus Zürich und seit langem ein bekanntes Gesicht in der Szene, spannte mit der Lesung aus ihrem Roman „Schwarzes Erbe“ den Bogen dann auch gleich vom heutigen Zürich in das tiefe Mittelalter. Ihr Buch handelt von Sinnsuche, Themen des Gothik-Stils, Musik und viel Romantik. Eine Kombination, die für mich selber eher schwierig ist, in der heutigen Zeit aber gut funktioniert und unter den anwesenden Besuchern viel Anklang fand.

Umso interessanter war es, dass als erste Band dann Sons Of Sound aus Karlsruhe das Banner des Heavy Metal hochhielten und auf diese Burg-Fantasien pfiffen. Die drei Brüder liessen sich von der ungewöhnlich tiefen, weil gesundheitlich angeschlagenen Stimme des Bassisten und Sängers Roman Beselt nicht beirren und lotsten ihre Musik geschickt durch harte Instrumentalpassagen und melodische Refrains. Für diesen Abend näher bei Type O Negative als üblich, dafür weiterhin eine packende Mischung aus Achtziger-Anleihen, Art-Rock und komplexen Rhythmuswechseln. Schade, wollte das Publikum die Energie des Trios nicht ganz willentlich aufnehmen.

Salvation AMP aus Detmold hatten mit ihrem Gothic Rock etwas mehr Glück, forderten ihre Wave-Gitarren, tiefen Gesänge und schweren Takte doch förmlich zum Ausdruckstanz auf. Seit 2010 wiedererstarkt, war dieses, in der Szene schon seit den Neunzigern bekannte Trio eine kraftvolle Aussprache für die Vielfältigkeit an solchen Anlässen. Gerne elegisch, immerzu mysteriös und doch durchdringend liess ihre Musik das Publikum zu einem geschlossenen Ganzen werden. Da störte es auch nicht, dass die Scheinwerfer frech bunte Lichtschwaden über die dunklen Klänge ergossen.

Hélène de Thoury umging diese Beleuchtung zum Teil, liess sie ihre Lieder schliesslich von passenden Projektionen begleiten. Die französische Künstlerin nutzte des Festival für ihren ersten Auftritt in der Deutschschweiz unter dem Namen Hanté und beendete diesen Konzertreigen mit ihren pochenden Beats und synthetischen Tanzbefehlen des Cold Wave. Alleine vor einer schieren Armada aus Geräten und Knöpfen behauptete sie sich mit ihrer Stimme gegen eine Armee aus dröhnenden Tönen, tiefen Bässen und düster gefärbten Emotionen.

Wem das Sounds From The Heart Festival bisher zu analog war, der kam hier endgültig auf seine Snythie-Kosten und liess Kleid und Haar durch die Luft gleiten. Und auch mit der After-Party setzten die Verantwortlichen dieses kleinen Fests ein weiteres Ausrufezeichen hinter die Vielfältigkeit und Offenheit der Geister. Ob Gothic, Wave, Metal oder einfach nur romantisch verklärt, das schwarze Vermächtnis hat viele Formen und Körper – der Verbund machte diese Vielseitigkeit noch schöner.

Dieser Text erschien zuerst bei Artnoir.

Vlimmer – IIIIIIII / IIIIIIIII (2017)

„Beutenacht“ macht es gleich klar: Auch wenn Vlimmer in seiner 18-teiligen EP-Reihe nun die Mitte erreicht hat, glücklicher und zuversichtlicher ist Alexander Donat deswegen in seiner Musik nicht. Der Gründer des Labels Blackjack Illuminist und grosse Verfechter von grimmigem Wave zieht auch mit „IIIIIIII / IIIIIIIII“ weiterhin um die Betonruinen und verlassenen Baubrachen in Berlin. Dazu nutzt er lärmige Drones genauso wie verrauschten deutschen Gesang und geradlinige Drums unter schneidenden Gitarren.

Lieder wie „Jugendentzug“ scheren sich aber einen Dreck um die drückende Schwerkraft in dunklen Stadtgebieten, sondern krempeln Cold Wave und Noise-Pop zu einer nihilistischen Version von Klängen um, die auch Bands wie The Flaming Lips mit ihrem Album „The Terror“ anzuzapfen versuchten. Im Gegensatz zu den Amerikanern weiss Vlimmer aber jederzeit, dass übersteuerte und verfremdete Melodien kühle Skepsis und Fatalismus benötigen. Sogar wenn der EBM vorbeischaut, bleiben die Tanzschritte verhalten („Schwerelosigkeit“ oder „Strato“).

Schwarz, rau und voller Risse – „IIIIIIII / IIIIIIIII“ ist eine tolle Portion an Musik, die sich irgendwo zwischen Darkgaze und Wave herumtreibt und zu keiner Sekunde positiv sein will. Vlimmer vermengt diverse Stilrichtungen und Ideen zu einem wandelbaren Erzeugnis, entzieht jedem Tag das Sonnenlicht und lässt alles in extremer elektronischer Verzerrung versinken. Da ist es schon fast beruhigend, dass man mit „Betonozean“ doch wieder auf dem sicheren Boden der Post-Punk-Tatsachen landet. Hypnotisierend.

Anspieltipps:
Schwerelosigkeit, Körperkonstante, Strato

Dieser Text erschien zuerst bei Artnoir.

GATS – Gifts For The Howling Soul (2017)

Matthias Kanik weiss, was unsere Seelen benötigen, wenn sie wieder einmal ausgelaugt und erschöpft vor sich hin jaulen. Unter dem Namen GATS veröffentlichte der deutsche Musiker mit „Gifts For The Howling Soul“ nämlich ein Album voller Stücke, die im befreienden Ambient mit tanzbaren Takten und Zitaten des Dreampop neue Energie versprühen. Als ob man die inneren Geister fassbar machen und aufbauen könnte.

Zwischen Gitarre, Synthies, Gaststimmen und tollen Rhythmen landet GATS immer wieder gefühlsvolle Treffer und lässt seine Musik zwischen sehnsüchtigen Melodien der Marke Elbow („Change Will Come“) und experimenteller Entspannungsmusik à la No-Man („Late Night Cafe“) klingen. „Gifts For The Howling Soul“ wird somit schnell zu einer Platte voller Hoffnungen, guten Gedanken und dem gesuchten Leitstrahl. Leichtfüssig und klar, abwechslungsreich und zurückhaltend.

GATS fällt nicht mit Tür und Tor ins Haus, sondern übt sich eher in Zurückhaltung und Unscheinbarkeit. Auch ich benötigte einige Anläufe, bis ich die wahre Schönheit von Kompositionen wie „At The Campfire“ entdeckte. Sobald dies geschehen ist, lassen einen die Lieder aber so schnell nicht mehr los. Gäste wie Jill oder Lagoon erweitern das Klangbild auf angenehme Weise und machen endgültig klar: Unsere Wunden werden auf jeden Fall heilen.

Anspieltipps:
Late Night Cafe, Change Will Come, At The Campfire

Dieser Text erschien zuerst bei Artnoir.

Wanda – Niente (2017)

„Weiter, weiter“ eröffnet das dritte Album der Wiener Schlager-Schmuddel-Popper – und versucht damit den Elan der bisherigen Veröffentlichungen mitzureissen. Das ist eigentlich gar nicht so schwierig, haben Wanda in den letzten Jahren schliesslich zu Recht riesige Erfolge gefeiert und ihre leichtfüssigen Lieder mit schwermütigen Texten durch halb Europa getragen. Nun soll also der Hattrick komplettiert werden, doch irgendwie ist auf „Niente“ etwas der Wurm drin. Oder klingt bloss langsam der Rausch ab?

An der Grundformel hat die junge Band um Sänger Michael Marco Fitzthum (der auch hier wieder lasziv, leidend und augenzwinkernd seine Worte in unsere Ohren legt) nichts gross geändert. Gitarre und Orgel kreieren lockere Melodien, die Rhythmussektion festigt alles mit geradlinigen aber doch tanzbaren Takten, dazu ein paar Streicher. Wanda haben ihre Nische gefunden und graben darin weiterhin nach Diamanten – wie „0043“ oder „Schottenring“. Was aber „Niente“ anders macht: Es legt sich nicht mehr mit dir in der dunklen Gasse an.

Während auf „Amore“ und „Bussi“ noch der Dreck regierte, die dunklen aber erotischen Sprüche, dann sind hier die Versöhnung und die Umarmung vorrangig. Wanda zelebrieren plötzlich die angenehmen Erinnerungen und vergessen in ihren Songs die reizvollen Schönheitsflecken. Somit ist „Niente“ zwar weiterhin ein Lausbub, der genau weiss, mit was für Hooks er uns packen kann, wird aber immer im Schatten seiner älteren Bruder stehen.

Anspieltipps:
0043, Schottenring, Ich sterbe

Dieser Text erschien zuerst bei Artnoir.