Marillion

Marillion – Colours And Sound (2006)

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Marillion – Colours And Sound
Label: Racket Records, 2006
Format: Doppel-DVD mit Booklet
Links: Discogs, Band
Genre: Dokumentation

Fannah, sympathisch und menschlich – gewisse Bands zeichnen sich während ihrer gesamten Karriere damit aus, dass sie nie den Kontakt zu ihren Freunden verlieren. Man kann gross werden, Hallen füllen und tausende von Alben verkaufen, und trotzdem immer noch das Auge für jeden einzelnen Unterstützer behalten. Marillion gehören in diese Gattung von Musikgruppe und wissen seit Jahrzehnten ihre Liebhaber zu schätzen. Nicht nur stellen sie ihre Platten mit dieser Liebe auf die Beine, ihre gesamte Karriere ist eine einzige Aussage zur Nähe von Konsument und Künstler. Und genau da kommt „Colours And Sound“ ins Spiel.

Obwohl die Dokumentation bereits zehn Jahre auf dem Buckel hat, spielt sie immer noch eine wichtige Rolle im Gesamtspektrum der englischen Gruppe. Begleitete der Film damals die Entstehung und Bespielung des Albums „Marbles“, steht er auch heute noch für ein Dokument der Ehrlichkeit. Zwar beleuchtet der Hauptfilm nicht unbedingt die klassischen Themen der Entstehung eines neuen Werkes, liefert aber ehrliche und tiefe Eindrücke in das Wirken und Touren von Marillion zu diesem Zeitpunkt. Die Platte war nämlich ein weiterer Versuch der Musiker, nicht im Stillstand zu verharren. Man wagte sich wieder an grössere Medienpräsenz, veröffentlichte Single-Auskopplungen und gab vor jedem Konzert mehrere Interviews und begrüsste die Fans. All diese Einblicke erhält man mit der DVD und bleibt dabei immer auf dem herzlichen Niveau des Fehlbaren. Denn der Film ist weder in Bild noch Ton perfekt, oft sind die Aufnahmen grobkörnig und amateurhaft. Aber genau dies gewährt den originalen Einblick in das Leben auf der Strasse, als Mitglied der Band oder der Crew. Interviews mit ehrlichen Kommentaren zu Aufnahme, Auftritten und Reisen wechseln sich mit Klamauk und Stileindrücken ab. Daraus ergibt sich ein wunderbar unpolierter und nie geschönigter Eindruck der Firma Marillion. Man fühlt sich aufgenommen, verstanden und mitgerissen.

Das DVD-Set ergänzt den Film sogar um weitere sechs Stunden an Material, im Verlaufe der Spielzeit kommen wirklich alle Mitwirkenden zu Worte. Seien es die Designer, Roadies, Manager oder Besucher – wer genügend Zeit aufbringt, erhält ein stimmiges Komplettbild einer Albumreise. „Marbles“ hat bis heute eine Ausnahmestellung im Katalog der Band, mit „Colours And Sound“ wird so manchem klar, warum. Denn auch wenn die Art-Rocker damals den Schritt zum Grösseren gewagt haben, im Herzen sind sie immer noch da, wo sie begonnen haben: Als Musikfanatiker und Freunde der Klänge. Und die DVD gibt es bei Racket Records momentan zum Spottpreis.

Media Monday #237

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Schon ist das Jahr wieder zwei Lückentexte vom Medienjournal alt.

1. Für einen entspannten Filmeabend hab ich mir in letzter Zeit so einige Filme auf Netflix gegönnt, die schon lange in meiner Liste lauerten. Dabei hab ich festgestellt, dass der Streaminganbieter die Wertungen ziemlich passend für mich vorschlägt. Entweder schau ich nun zu viel oder ich bin sehr durchschaubar. Beides klingt irgendwie nicht so super.

2. Das Konzertjahr 2016 fing gar nicht mal so stark an, mittlerweile bin ich aber froh, mir selber eine Pause gegönnt zu haben. Nachdem ich 2015 68 Konzerte besucht habe (Rechungsweise: 1 Festivaltag = 1 Konzert), war diese Pause bestimmt nötig. Spätestens am 19.01.16 geht es dann aber mit frischer Energie wieder weiter. Und einige Highlights sind jetzt schon gebucht: Ellie Goulding in Barcelona, Muse und Schiller in Zürich und Marillion an meinem Geburtstag in Berlin. Yay!

3. Die wohl coolste Gastrolle in einer Serie einem Film hatte David Bowie in „The Prestige“, und sonst bei all seinen Auftritten. Der Mensch war ein scheinender Stern, eine Quelle an unendlicher Kreativität und ein Genie. Und jetzt, wenige Tage nach der Veröffentlichung von „Blackstar“ und seinem 69. Geburtstag schweigt seine Stimme für immer. Bitte nicht, so etwas will ich nicht erleben müssen. 😦

4. „Zombieland“ nimmt das Genre der Zombiethriller so gepflegt aufs Korn, dass man praktisch im Sekundentakt lachen und klatschen muss. Jedes Klischee wird umgangen und entlarvt, die Figuren sind wunderbar atypisch und herrlich durchgedreht. Und dann noch Bill Murray als sich selber? Wundervoll.

5. Es war längst überfällig, dass die Bilder in den Filmen wieder ausdrucksstärker werden. Die Kameraarbeit, Bildkomposition und Ausführung in „The Revenant“ hat mich darum einfach nur umgehauen. Wie da mit rein echten Licht gearbeitet, die Natur eingefangen und zelebriert wurde, erinnerte mich sogar an die Meditationen eines Terence Malick.

6. „A Brief History Of Seven Killings“ konnte ich kaum noch aus der Hand legen, denn das Monsterwerk von Marlon James offenbart unter der Komplexheit eine tiefe und reife Beobachtung von Jamaica. Die Handlung spannt sich mit über 70 Figuren über drei Jahrzehnte und der Autor spielt absolut grandios mit Dialekten und Sprachen. Wuchtig und nicht immer einfach, aber fesselnd und absorbierend. Zu Recht wurde das Buch mehrfach ausgezeichnet, schon jetzt ist es ein Klassiker. Mehr dazu auf Goodreads.

7. Zuletzt habe ich „Mud“ gesehen und das war ein wunderbarer Film, weil die Mischung aus „Coming Of Age“ Drama und Charakterstudie mit Krimi wunderbar rund aufgeht. Die Bilder der heissen Südstaaten-Landschaften sind wunderschön, die Schauspieler saustark. Allen voran natürlich Matthew McConaughey, der hier schon wieder beweisst, dass er zu den Besten gehört.

30 Day Song Challenge – Woche 2

30 Tage sind noch lange nicht erreicht, darum hier die Fortsetzung zum ersten Teil.

Day 08 – A song you liked when you were younger
Alabama 3 – Woke Up This Morning


Ich weiss noch genau, dieses Lied war eines der ersten, das ich damals auf dem PC hatte. Geschickt via MSN von einem Freund. Und lustigerweise befindet sich der Song immer noch auf meinem iPod.

Day 09 – A song that makes you want to dance
Underworld – Always Loved A Film


Das erste Album, das ich von Underworld gekauft habe. Und dann gleich mit diesem grossartigen Lied drauf, wundervoll!

Day 10 – A song that makes you cry
Anathema – Dreaming Light


Eigentlich ist „Dreaming Light“ kein tragisches Stück, aber diese unverkennbare und extrem melancholische Art von Anathema, machen es zu einem sehr berührenden Moment.

Day 11 – Best Intro to a song
U2 – Zooropa (Live 360° Tour)


„Zooropa“ von der gleichnamigen Platte ist schon als Albumversion supertoll, wurde auf der 360° Tour aber mit diesem fantastischen Intro ausgestattet. Wer entdeckt alle Querverweise auf andere Bands?

Day 12 – A song that reminds you of your best friend
Nina Hagen – Du hast den Farbfilm vergessen


Das erste Mal in Berlin, und die ganze Woche Songs geträllert. Und der kam immer wieder auf. Wieso auch nicht?

Day 13 – A song you sing to in the shower
Luciano Pavarotti – O Sole Mio


Also eigentlich nur die drei Wörter plus sinnlose Laute. Oder halt diese unsäglichen Textzeile und Melodien, die immer so kleben bleiben.

Day 14 – A song you like hearing live
Marillion – Neverland


Schon als Live-Aufnahme hat „Neverland“ eine unglaubliche Wucht. Wenn man die Band dann aber selber erlebt und als Zugabe dieses Stück erklingt, dann ist man hin und weg.

Bis in einer Woche.

Liebster Award #1 – Der Start durch Franzi

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Tja nun hat es mich auch getroffen, ich wurde für den „Liebster Award“ nominiert. Dies ist mitnichten mit einem grossen Preisgeld oder vielen Küssen dotiert, sondern es gilt zehn Fragen zu beantworten, selber Fragen zu konstruieren und diese dann an weitere Bloger zu versenden. Na gut, immer kann es hier ja nicht nur um Musik gehen. Friedlvongrimm will folgende Einblicke in mein Leben:

  1. Was war der surrealste Moment in deinem Leben?
    Es gab da mal dieses Wochenende im Tessin, aber nein, das gehört hier nicht hin. Wenn wir die Frage aus dem musikalischen Standpunkt betrachten, erinnere ich mich besonders an das letztjährige Night Of The Prog Festival. Es war mein Geburtstag und „dank“ des Ausfalles einer Band spielte per Zufall Be Gabriel ein wunderschönes Set von Klassikern meines Lieblingskünstlers Peter Gabriel, inklusive meines aller-aller-allerliebsten Liedes aller Zeiten. Und ein paar Stunden später sehe ich zu ersten Mal Marillion live, und gegen Ende des Konzertes steht plötzlich Steve Hogarth neben mir. Wenn man so viel in seinem Leben mit Musik verbindet, dann sind diese kleinen Momente oft sehr intensiv. Auch Jahre später noch.
  2. Worüber ärgerst du dich bei dir selbst am meisten?
    Meine Faulheit. Denn die ist Schuld, dass ich das Skizzieren nach der Berufslehre gestoppt habe und nur noch sporadisch ausübe, dass ich meine Gitarre verstauben lassen und alles wieder verlernt habe, dass ich meine angefangenen Geschichten und Comics in der Schublade alt werden lasse und, dass ich oft doch lieber ein Film schaue als Spanisch zu lernen. Dabei würde eigentlich alles Spass machen, viel.
  3. Was willst du dieses Jahr unbedingt noch realisieren?
    Den ersten Comic im Pixi-Buch Format zu beenden, meine Freundin und ich sind fleissig am kritzeln. Kinder nehmt euch in Acht! Und dann gäbe es da noch dieses riesige David Bowie Poster, dass auf irgendeine merkwürdige Art einen Rahmen benötigt.
    Ach und die Lampe in der Küche muss auch mal gewechselt werden. Wolke oder nicht.
  4. Glaubst du, dass Liebe immer mehr zu einem trivialen Wort verkommt? Wo findest du Liebe in deinem Leben? Oder ist das alles nur verlogene Propaganda?
    Liebe ist sicherlich ein Wort, das man sehr viel verwenden kann und dabei die eigentliche Botschaft verwässert. Im Grossen und Ganzen leben wir momentan nicht in einem Zeitalter der Liebe. Die Welt driftet immer mehr Richtung Intoleranz und Fremdenhass. Aber auf persönlicher Ebene erfahre und erlebe ich Liebe momentan sehr stark, durch viele Bereich und vor allem dank einer Person. *kitsch*
  5. Wärst du gern in einer anderen Zeit geboren?
    Nein. Interessanterweise kenne ich diese Frage in mehreren Aspekten und habe darüber auch schon oft im Freundeskreis diskutiert. Aber egal was alles schlecht läuft, wie kaputt unsere Systeme sind und wie viel Leiden auf der Welt existiert, schlussendlich kumuliert sich alles Vergangene und Erschaffene im heutigen Jahr, im jetzigen Moment. Keinesfalls möchte ich den Fortschritt missen, diese verkapte Vergangenheitsromantik sagt mir nichts.
    Ich halte mich da klar an Jean Paul Sartre: „Vielleicht gibt es schönere Zeiten; aber diese ist die unsere.“
  6. Warum bist DU besser als Bono?
    Lustigerweise stammen diese Award-Fragen von meinem Gegenpol, sozusagen. Schliesslich stehe ich auf der U2-Fanskala an einem sehr hohen Punkt und sehe gerne mit meiner rosaroten Brille über all seine Macken und sein Getue hinweg. Allgemein sich über eine Person zu stellen ist sehr heikel, aber ich wage zu behaupten, dass ich das musikalische Vermächtnis von U2 in den Vordergrund stelle, stärker als Bono selber. Und die Band darum immer viel zu lange für neue Lieder und Alben benötigt.
  7. Warum ist Mike Patton Gott? (Und warum steht er auf Italienerinnen und nicht auf mich?)
    Weil er Schlager aus Italien cool macht, weil er Musik auf eine Abstraktion bringt die sexy ist, weil er nur geile Bandnamen in seiner Diskografie trägt, und weil er ein Schnauzer hat.
    Und seine sexuellen Vorlieben möchte ich mir jetzt nicht erklären. Das muss bei einem solchen Menschen doch abartig sein oder?
  8. Gibt es eigentlich irgendwen, der sein Leben auf die Reihe bekommt? Wie?
    Ich kenne da ein paar die Vieles erreichen, persönlich, kreativ und beruflich. Aber grundsätzlich hat jeder seine Stolperfallen. Bei mir ist es vor allem die oben erwähnte Faulheit und meine berufliche Blindheit. Ich habe keine Ahnung was ich in ein paar Jahren arbeiten möchte, welche Weiterbildungen sinnvoll wären und wo das alles hinführt. Glücklicherweise muss ich nur noch 40 Jahre arbeiten. Ein Klacks.
  9. Für was würdest du dich ernsthaft prügeln?
    Gewalt hasse ich, und ja, ich habe mich noch nie geprügelt. Aber wenn Menschen, die mir viel bedeuten, ungerecht behandelt werden, dann würde ich bestimmt einschreiten. Man steht seinen Freunden schliesslich bei. Auch wenn ich wohl nach fünf Sekunden bewusstlos am Boden liegen würde.
  10. In welchem Moment warst du stolz auf dich?
    Erst kürzlich als ich meine 2-Phasen-Ausbildung für den Führerschein beendet habe. Autos finde ich doof, selber fahren macht mich unsicher. Die nötigen Kurse für den definitiven Ausweis hab ich sehr lange vor mich hingeschoben, nun aber doch alles abgeschlossen. Und für den Rest meines Lebens nun Ruhe. Hurra!

Meine 10 Fragen für die armen Blogger die nun ran müssen.
Und das wären Filmschrott, Kathrin, Call Me Appetite, Stepnwolf, Andiau und einfach so weil ich auch mal Fragen erstellt habe: Franzi.

  1. Überall spricht man von Klimaproblemen, Rezession, Asylanten. Doch was ist wirklich das grösste Problem?
  2. Ist es richtig, dass man Milliarden in die Unterhaltung investiert, aber alle anderen Missstände damit übertönen will?
  3. Warum malen so wenige Menschen über 10 Jahre mit Strassenkreiden?
  4. Sollte man eine maximale Anzahlsgrenze für Alben in einer Platten- / CD-Sammlungen einführen?
  5. Wann ist man ein zu grosser Fanatiker bei der Musik?
  6. Ist eine Brieftaube einem Email überlegen? Immerhin benötigt die nur ein paar Körner.
  7. Welchen Traumberuf sollte man nun doch verfolgen?
  8. Ist der Montag wirklich so ein dummer Tag, oder ist bei dir alles ganz einfach?
  9. Sind Songtexte wichtig?
  10. Das nächste Land das ich bereise ist…

Marillion ‎– A Collection Of Recycled Gifts (2014)

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Marillion ‎– A Collection Of Recycled Gifts
Label: Racket Records, 2014
Format: CD
Links: Discogs, Band
Genre: Cover, Weihnachten, Pop

Weihnachtslieder und ich, nicht gerade eine Liebesbeziehung. Allgemein kann ich mit der Zeit der Besinnlichkeit und grossen Geschenke nicht viel anfangen, darum fand man in meinem Regal bisher nur eine Weihnachtsliedersammlung: Die erste EP-Box von Sufjan Stevens mit all seinen witzigen, verrückten und nerdigen Folksongs. Der Kaufgrund war hier aber nicht das Thema, sondern das musikalische Talent von Stevens – denn er schafft es, aus nervigen Tannenbaumliedern entrückte Kleinode zu zimmern. Marillion fanden aus ähnlichen Gründen mit „A Collection Of Recycled Gifts“ ihren Weg in meine Sammlung. Hier war vor allem der Sammlerdrang das ausschlaggebende Argument.

Die von mir immer begeistert angehörten Art-Rocker haben eine langjährige Tradition, in der sie für ihren Fanclub jedes Jahr im Dezember eine Weihnachtssingle aufnehmen. Dahinter steckt weniger eine bitterernste Angelegenheit, sondern mehr der Spassgedanke und die Freude, altbekannte Songs einzuverleiben. All diese Lieder gibt es nun als Kompilation in ihrem Shop zu kaufen. Grundsätzlich ist es immer interessant, bekannte Lieder im eigenen Stil einer Lieblingsband zu hören. Doch leider verändern Marillion die Festtagsklassiker hier zu wenig, um daraus neue Welten zu erschaffen. „Happy XMas (War Is Over)“ bleibt beispielsweise so nahe am Original, dass nur die Stimme von h ein Hinweis auf die Band gibt. Schade, denn gerade bei solchen zu Tode gespielten Stücken wäre es interessant gewesen, alles komplett auseinander zu reissen und mit neuen Melodien, Instrumenten und Stimmungen zusammen zu kleben.

Erst ab der Hälfte dieser Sammlung wagt sich die Band, ihre Klangmerkmale wie das sphärische Gitarrenspiel von Rothery oder die wuchtigen Keyboardflächen von Kelly einzubauen und aus Liedern wie „The Carol Of The Bells“ eine echte Marillion Geschichte zu gestalten. Für mich bleibt unter dem Strich aber zu wenig übrig, um diese CD regelmässig (wenn auch nur in der Weihnachtszeit) aus der Marillion Sammlung zu holen. Weihnachtssongs lösen bei mir weiterhin eher den Drang aus, die Stereoanlage aus dem Fenster zu werfen, als mit Elfenmütze durch das Wohnzimmer zu tanzen. Daran können auch Marillion mit ihrer eigenen Art von Humor nichts ändern. Immerhin fliesst pro verkauftes Album ein Pfund in den „Teenage Cancer Trust„. Freunde von Weihnachtsalben werden damit eine doppelte Freude beim Anhören verspüren.

Anspieltipps:
The Christmas Song, The Erin Marbles, The Carol Of The Bells

Das dazu passende Getränk:
Glühwein, was sonst.

Marillion – Marbles (2004)

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Marillion – Marbles
Label: Madfish, 2004
Format: Doppelcd im Digibook
Links: Discogs, Band
Genre: Art-Rock, Pop, Rock

„The world’s gone mad / And I have lost touch / I shouldn’t admit it / But I have.“

Murmeln kullerten wohl bei jedem von uns in der Kindheit über die Tischplatten und Böden, in allen Farben und Mustern. Wenn diese Kugeln erzählen könnten, was würden sie wohl alles sagen? Was wenn darin Erinnerungen und Gefühle gespeichert wurden und man nun Zugang erhält und somit Situationen und Emotionen nochmals durchleben kann?  Es wäre eine Mischung die uns mitreisst, zum Denken anregt und gleichzeitig glücklich sowie melancholisch macht. Marillion zerbrachen die Murmeln und fanden darin Lieder über Schmerz, über Liebe, über grosse Momente im Leben und den Menschen als Daseinsform.

„And you can screw a man down / Until he takes to drinking / He’ll give you all of his money / You still won’t know what he’s thinking“

Als komplettes Album kannte ich „Marbles“ lange nicht, aber viele Songs gehören seit Jahren zu den Live-Klassikern der Band. Als expandierte und verlängerte Zwei-CD-Version konnte ich den Liedern endlich auch in der Studioform verfallen. Nach kurzer Zeit hat sich das Werk ganz weit nach oben gearbeitet und rangiert jetzt unter meinen liebsten Marillion-Platten. Dieses Doppelalbum hat alles, was die Band auszeichnet. h singt wie immer mit voller Wucht und durchleidet die Texte hörbar, Schmerz und Glück werden durch ihn direkt zum Hörer transportiert. Rotherys Gitarre schneidet dazu den Weg frei, Trewavas und Mosley bauen das Fundament und Kelly füllt alles mit wunderbaren Keyboardflächen.

„I have lost the stars and the sky / It was so that I could keep the earth / So now I’m found“

Zelebriert wird bei der Band bekannterweise vor allem die Dramaturgie mit all ihren Höhen und Tiefen, lauten Ausbrüchen und sanften Wogen. Aber „Marbles“ bietet mehr: Popsongs wie „The Damage“ oder „Fantastic Place“; epische Klangspielereien mit langem Aufbau wie bei „The Invisible Man“ oder das wohl beste Lied von Marillion: Der Kracher „Neverland“ mit seiner unendlich scheinenden Explosion.

„You can take all the boys and the girls in the world / I wouldn’t trade them this morning for my sweet Ocean Cloud“

Bestechend ist das grossartige Songwriting. Kein Lied ist falsch platziert, keines erscheint überflüssig. Neue Ideen und Einfälle finden sich zuhauf und alles wird von den kurzen „Marbles“-Skizzen zusammengehalten. Kein Wunder sind oben erwähnte Songs oder „Ocean Cloud“ sowie „You’re Gone“ fast bei jedem Konzert Pflicht. Auch die Texte wissen zu überzeugen, h hat sich für das Album vom typischen „Junge ist verliebt, hat Probleme“-Schema entfernt und weiss einiges zu erzählen. So manche Zeilen nisten sich im Kopf ein und wollen für immer bleiben.

„You’re gone. As suddenly as you came to me / Like nightfall followed dawn without a day between“

Marillion haben mit „Marbles“ somit ein extrem starkes Werk veröffentlicht, welches so leicht nicht zu übertreffen ist. In seiner Ausnahmesituation als Doppelalbum besser zu funktionieren als gekürtes Werk ist ebenso erstaunlich. All Killer, No Filler.

„Wendy / Darling / In the kitchen / With your dreams // Will you fly / again“

Anspieltipps:
The Invisible Man, Ocean Cloud, You’re Gone, Neverland

Das dazu passende Getränk:
Ein Glas guten Rotweins.

Steve Rothery – The Ghost Of Pripyat (2014)

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Steve Rothery – The Ghost Of Pripyat
Label: Eigenveröffentlichung, 2014
Format: CD und DVD im Digipak mit Booklet
Links: Discogs, Musiker
Genre: Instrumental, Art-Rock, Space Rock

Erstaunlich, Steve Rothery ist seit Jahrzehnten als Musiker unterwegs und untermalt die Lieder von Marillion dabei immer mit sehr viel Gefühl und Können. Doch erst jetzt im Jahr 2014 hat er die Muse gefunden ein Solo-Album zu veröffentlichen. Gelöst hat er es wie die Mutterband, per Masse vorfinanziertes Projekt im Internet um die Finanzierung zu sichern. Über die Website Kickstarter konnte man ihn unterstützen und diverse Belohnungen auswählen. Nebst der normalen CD gab es auch die hübsche Special Edition mit Bonus-DVD und schönem Booklet. Darin finden sich wunderbare Bilder welche die instrumental gehaltene Musik toll begleiten.

Wie man es vom Marillion Gitarristen auch erwarten konnte, besteht sein musikalisches Output auch hier aus wunderbar sphärischem Art-Rock mit Prog und Space Einflüssen. Wunderbar findet er dabei einen Weg aus mit Melodien gezeichneten Bildern welche im Kopf gratis Reisen in ferne Welten offerieren und atmosphärischen Flächen und Soundscapes. Die Lieder starten dabei oft wie kleine Pflanzen im Schatten um sich immer mehr zu recken und gegen den Himmel zu wachsen und als gesamtes Album einen wunderbaren Wald voller seltenen Blumen, farbig gefederten Vögel und rauschenden Bächen zu gestalten. Als Mensch hangelt man sich darin träumerisch von Ast zu Ast und greift gerne in das von der Sonne gewärmte Moos. Über dem Blätterdach erklingen dabei Lieder aus allen Richtungen, die Gitarre schwebt majestätisch und bietet Progressive-, Space-, Art- oder gar altenglisch wirkenden Rock und Folk. Rothery spielt gerne mit Melodien und schweift auch mal in fröhliche Gebiete ab. Somit ist „The Ghost Of Pripyat“ eine entspannte und geniesserische Platte geworden die sich wunderbar neben Kollegen wie Mike Oldfield oder dem Spätwerk von Pink Floyd einordnen lässt. Gerade letztere hatten einen hörbaren Einfluss auf die Musik und das Flair von Gilmour schwingt immer mit.

Aufgenommen in den Real World Studios von Peter Gabriel klingt die CD wunderbar und hat die benötigte Tiefe für instrumentalen Rock. Alle Musiker die mitgespielt haben verfügen über ein grosses Talent und somit wurden alle Einfälle und Ideen super umgesetzt. Steve Rothery hat eine Songsammlung geschaffen, die sich immer wieder gut anhören lässt und als toller Begleiter für Reisen, verträumte Nachmittage oder Gedanken versunkene Stunden im Bett eignet. Ein Nachfolger ist sogar auch schon geplant, man darf gespannt sein.

Anspieltipps:
Morpheus, Old Man Of The Sea, White Pass

Marillion – Anoraknophobia (2001)

“Musik für die Ewigkeit”; unter diesem Label veröffentliche ich Reviews zu Platten und Alben die mein Leben am stärksten beeinflusst haben und mir für immer ans Herz gewachsen sind. Meine persönlichen Platten für die einsame Insel.

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Marillion – Anoraknophobia
Label: Intact / Liberty Records, 2001
Format: Doppelvinyl im Gatefold
Links: Discogs, Band
Genre: Art-Rock, Alternative

„Today I Saw Music In The Sky / I Drove Towards It In My Car“ Die ersten Zeilen von Anoraknophobia haben sich sogleich in meinem Kopf eingebrannt. Unterstützt von tollen Gitarrenakkorden und einem rockigen Sound ist der Opener des elften Marillion Albums ein gradliniger und mitreissender Song. Womit wir auch gleich beim grössten Schwachpunkt – oder besser gesagt Kritikpunkt – von diesem Werk angelangt sind. Diese Platte ist weder ein progressives Gebilde, noch eine überragende im Bandkatalog.

Warum ich mir dieses Album gekauft habe ist aber einfach zu erklären: Ich kannte Marillion schon seit längerem aus Musikzeitschriften, der Name war mir geläufig aber die Musik nicht. Eine günstige Gelegenheit und das putzige Cover mit den bunten Anorakträgern später fand ich mich in einer neuen Welt wieder. Eine solche Art von Rock hatte ich zuvor noch selten gehört, diese ausufernden Lieder mit viel Zucker und noch grösseren Gefühlen. In den Texten geht es nicht nur um die Menschheit und ihre eher fehlerbehaftete Geschichte sondern vor allem um das zwischenmenschliche. Zusammenleben, Liebe, Abgeschiedenheit. Die Texte von Steve Hogarth sind dabei nicht kompliziert verschwurbelte Gedichte sondern ehrliche Aussagen direkt aus dem Herz. Das kann manchen etwas vor den Kopf stossen, für mich war es aber immer eine positive Eigenschaft der Band. Die Musik steht dazu in organischer Wechselbeziehung und unterstützt die Worte mit harten Ausbrüchen voller Gitarren oder trauernden Synthies mit sanftem Schlagzeug. Gerade in Liedern wie „Quartz“ oder „Separated Out“ funktioniert dies unglaublich gut. Die Gefühle sind klar nachvollziehbar und gehen nicht unter. Andere Stücke wandeln hingegen auf neuen Pfaden, so ist „This Is The 21st Century“ ein dahin schleichende Schlange mit viel Einfluss aus Electronica und Ambient. Die sich konstant wiederholenden Strukturen erzeugen bei mir einen Sog dem ich mich nicht entziehen will. Etwaige Selbstgefälligkeit oder gar Selbstverliebtheit überhöre ich bei diesen Stellen gern, auch wenn es der Band oft vorgeworfen wird. Objektiv betrachtet nicht ohne Grund, aber wer hört schon auf andere wenn es um die liebsten Lieder und Platten geht.

Mit „Map Of The World“ oder „When I Meet God“ sind auch reine Poplieder auf dem Album, aber auch hier besticht jedes mit mindestens einer Textzeile oder den Melodien. „Watchin the people on the street today / Such a lonely sight / ‚Swore she could see their dreams go by / All cars and stars and buy buy buy“ oder „And if the bottle’s no solution / Why does it feel so warm / And if looking back is no solution / Why are we all just children inside“. Bis heute sind dies Momente die mir immer noch Gänsehaut bereiten. Absolut grossartig auch wie dieses Lied ab der „Strain…“-Stelle in eine fast relfexive Meditation fällt und mit viel elektrischem Klang das Bild komplett umdreht. Oder wenn der Abschluss mit „If My Heart Were A Ball It Would Roll Uphill“ total aufdreht und einzelne Wörter auf den Boden wirft, nur um diese zerbrechen und neu wachsen zu sehen. Das diese Lieder als Liveversionen noch mehr Wucht, noch mehr Emotion und noch mehr Grösse erhalten wusste ich damals noch nicht. Spielt auch keine Rolle, denn dieses Album berührt mich auch jetzt nach unzähligen weiteren Einkäufen im Geschäft Marillion immer noch so stark wie zu Beginn. Die Texte, die Harmonien, die plötzlichen Stimmungswechsel und die Zeilen für die Ewigkeit. Auf die Insel kommt es jederzeit mit. Egal wie viel andere Alben der Band als bessere Werke gelten.

„Anoraknophobia“ war übrigens das erste Album der Musikgeschichte das durch Crowdfunding finanziert wurde. Es hat somit nicht nur Geschichte geschrieben und war ein Riesenerfolg, nein es hat auch die Arbeitsweise aller Musiker auf der Welt verändert und neue Perspektiven für Bands ohne Label oder Unterstützung eröffnet. Und Marillion durften zum erstem Mal ihre Musik komplett besitzen.

Anspieltipps:
Between You And Me, Quarzt, If My Heart Were a Ball It Would Roll Uphill

Marillion – A Sunday Night Above The Rain (2014)

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Marillion – A Sunday Night Above The Rain
Label: earMusic, 2014
Format: 5 CDs, 2 Blurays, Doppel-Vinyl, Booklet und USB-Stick
Links: Discogs, Band
Genre: Art-Rock

Marillion sind in meinen Augen eine wahre Liveband, das zeigt sich auch an ihrem Output. Über das bandeigene Label Racket Records werden pro Jahr durchschnittlich 6 neue Liveaufnahmen veröffentlicht. Das ist auch gut so, denn die Liveversionen sind den Studioaufnahmen meist weit überlegen und verfügen über mehr Emotionen und Tiefe.

A Sunday Above The Rain bietet als Deluxe Boxset nun die endgültige Aussage zum letzten Album Sounds That Can’t Be Made. Nebst dem Vinyl mit den Studioaufnahmen und dem USB-Stick mit diversen Soundvarianten, ist das Herzstück der Kiste die Aufnahmen von den Marillion Wochenenden 2013: In Holland und Kanada wurde jeweils am dritten Tag das komplette Sounds-Album live dargeboten und ist hier als Tondokument auf vier CDs und als Bildmaterial auf 2 Blurays vorliegend. Für jeden Fan ein Traum!

Die Band spielte an diesen Abenden wie immer sehr locker und vergnügt, man merkt das die Musiker sich auch nach den vielen Jahr gut verstehen und gerne zusammen auf der Bühne stehen. Das Album wurde diesmal nicht stur der Reihe nach gespielt sondern mit Klassiker wie „This Strange Engine“ oder „King Of Sunset Town“ aufgemischt. Das sorgt für Spannung und Abwechslung, gerade weil neue Songs wie „Pour My Love“ oder „Montreal“ (mich) nicht auf ganzer Linie überzeugen, „Sounds That..“ oder „The Sky Above The Rain“ dafür umso mehr. Braucht man dabei aber jede Sekunde von beiden Konzerten, besonders da es sich zwei Mal um dieselbe Setlist handelt? Eine Frage die jeder Fan für sich selber beantworten muss, kann man sich doch die besten Versionen der Lieder rauspicken und das ultimative Konzert zusammenstellen. Grosse Unterschiede in den Darbietungen sind aber nicht auszumachen, das Konzert aus Holland gefällt mir aber ein wenig besser. Grosse Gefühle (wie Beispielsweise der herzzerreissende zweite Teil von Neverland oder die Wut und Trauer in Gaza), instrumentale Ausbrüche, wunderbare Solostellen, tolle Kommunikation mit dem Publikum und eine Band auf ihrem Höhepunkt gibt es bei beiden Konzerten. Die Show beschränkt sich typischerweise auf gelungene Lichteffekte und kleine Projektionen. Mehr braucht es nicht, die Musik spricht für sich. Der Art-Rock von Marillion bleibt somit unvergleichlich, weicht aber nicht vom Bekanntem ab. Wer die Band bisher nicht mochte, wird wohl auch hier kein Fan. Mich begleiten ihre Melodiebögen. der unglaublich ausdrucksstarke Gesang von h und die heftigen Ausbrüche in den langen Songs immer wieder in einen Zustand von Glück und Ehrfurcht.

Wer nun immer noch nicht genug hat, kann sich mit den Outtakes und Demos vom Sounds That Can’t Be Made Album beschäftigen und somit auf Spurensuche gehen. Wie arbeitet die Band, wie entstehen Songs? Das Set bietet also mehr als genug Unterhaltung für viele Stunden und gehört in das Regal der wahren Fans. Allerdings sind alle 300 Stück restlos ausverkauft, das Holland-Konzert lässt sich aber auch separat auf CD, DVD, Vinyl oder Bluray kaufen.

Anspieltipps:
Gaza, Sounds That Can’t Be Made, The Sky Above The Rain

Some day surely someone must help us… – Playlist 7//14

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Part 7//14 – Some day surely someone must help us…
Juli 2014

1. Marillion – Gaza // Live
(A Sunday Night Above The Rain – Holland, 2014)

Der schreckliche Konflikt im Gazastreifen hört nicht auf, er wird immer schlimmer. Dass Marillion dazu ein Lied veröffentlichten und sich klar gegen die Gewalt und für keine Seite positionieren ist nahvollziehbar. Dass es ein fast 20 minütiges Epos mit unterschiedlichen Teilen und spannender Struktur wird konnte aber keiner ahnen. Die Band zeigt sich hier agressiv und laut, sanft und melodisch, tieftraurig und doch hoffnungsvoll. Dazu der unter die Haut gehende Text von h der alles aus den Augen von unschuldigen Jugendlichen im Gazastreifen zeigt. Ein Meisterwerk, wichtig, grandios und zum weiter verbreiten.
Bitte, stoppt diesen Krieg!

2. Marillion – Sounds That Can’t Be Made // Live
(A Sunday Night Above The Rain – Holland, 2014)

Dieses Lied ist ein unerklärlicher Fall: Bietet es doch eher bekannte Klänge und ein unspektakulärer Ablauf im Marillion-Kosmos, trotzdem hat es mich vom ersten Moment her total berührt und gepackt. Vom gleichnamigen Album stammend verführen mich die tollen Synthies, Gitarren und der wunderbare Schluss immer wieder in neue Welten. Die Live-Version aus Holland ist noch besser als die Studiovariante.

3. Anathema – Closer // Live
(Universal, 2013)

Vor Marillion spielten Anathema am diesjährigen Night Of The Prog Festival auf der Loreley und boten nebst vielen Songs vom aktuellen Album Distant Satellites auch ein paar alte Klassiker. Closer (hier als Live-Aufnahme von der letzten Tour mit Orchester) ist ein eher kryptischer Song mit verwobenem Gesang und viel Elektronik. Aber dann der unglaubliche Ausbruch!

4. IQ – Frequenzy
(Frequenzy, 2009)

Auch am NotP live bestaunt boten die Neoprog-Könige auf dem Album Frequenzy wieder echte Brecher. Das Titellied haben sie auf der Loreley live dargeboten, aber auch als Studioaufnahme überzeugt dieser Longtrack mit marschierenden Drums / Gitarren, viel Keyboards und dem unvergleichlichen Gesang von Nicholls. So muss dieses Subgenre klingen, so müssen Progsongs aufgebaut sein.

5. Tim Bowness – Songs Of Distant Summers
(Abandoned Dancehall Dreams, 2014)

Werden wir nun etwas ruhiger, der diesjährige Sommer war schliesslich eher ein stiller mit vielen nachdenklichen, grauen Tagen. Dazu liefert Tim Bowness mit seinem neuen Soloalbum den perfekten Soundtrack. Songs Of Distant Summers ist voller Melancholie, traurigem Gesang, wunderschönen Klavierakkorden und sphärischen Synthieflächen. Alleine geniessen und Tränen vergiessen oder zusammen auf dem Balkon stehen und die Regentropfen zählen.

6. Massive Attack – Girl I Love You
(Heligoland, 2010)

Manchmal braucht man eben doch ein Konzert um missachtete Lieder lieben zu lernen. Mit dem Auftritt am diesjährigen Montreux Jazz Festival konnte mich die Band verzaubern, dabei spielten sie auch Songs vom „aktuellen“ Album Heligoland. Girl I Love You hat mich dabei umgehauen. Der rollende Bass, die trippigen Schlagzeugbeats, verzerrte Gitarren und trauriger Gesang: Eigentlich ein moderner Klassiker der Band. Endlich weiss ich das Lied auch zu schätzen.

7. The Brian Jonestown Massacre – Vad Hände Med Dem?
(Revelation, 2014)

Das Kollektiv mit dem witzigen (?) Bandnamen bietet seit jahren eine eigene Mischung aus Rock, Folk, Psychedelic und weiteren Unterarten der aktuellen und vergangenen Musikgeschichte. Das neue Album weiss zu überzeugen, besonders der in schwedisch gesungene Opener ist mitreissend. Lässt sich auch gut dazu tanzen.

8. Jeans For Jesus – Toucher // Cover
(Jenas For Jesus, 2013)
Leider leider finde ich das Lied nicht als Link im Netz, aber kauft euch einfach das komplette Album der jungen Berner Band. Ihre neuartige Musik in Kombination mit Gesang in Mundart ist erfrischend und weckt wie eine Zitrone am Morgen. Das Züri West Cover Toucher zeigt auch, wie gut es die Jungs verstehen Musik zu verändern ohne die Eigenheiten zu verlieren. Das tolle Lied wird nach ihrer Dubstep-Electronica-Core Behandlung noch besser!

9. Ben Klock – Gold Rush
(One, 2009)

Der Abschluss führt diesen Monat in den Club (und nein, ich war nicht an der Street Parade), und zwar in einen düsteren und etwas gruseligen. Ben Klock vom Berghain-Label Ostgut Ton bietet Dark Minimal-Techno und brennt mit tiefen Bässen, knisternden Synthies und harten Beats deine Trommelfelle an. Was du willst nicht tanzen? Na gut, breche ich dir halt die Beine.