IQ

IQ – Scrape Across The Sky (2017)

IQ - Scrape Across The Sky

IQ – Scrape Across The Sky
Label: Giant Electric Pea, 2017
Format: Download
Links: Facebook, Band
Genre: Neoprog

Der Schritt ist geschafft, die neuste Technologie wird genutzt. Obwohl es sich bei IQ um eine Band handelt, die Progressive Rock spielt, dauerte es bis 2017 für ihre erste Liveaufnahme als Bluray. Allerdings muss auch gesagt werden, dass ihr Neoprog an Konzerten weniger wegen fulminanten Showeffekten überzeugt, sondern dank dem tollen Songwriting und den Darbietungen der talentierten Musiker. Somit erwarten den Fan auf „Scrape Across The Sky“ ein visuell eher reduziertes Bild, dafür starke Lieder und auch Humor.

Die Gruppe aus Southampton arbeitet sich seit 1981 durch die Welt und verkauft Klangkonstruktionen, die vor allem aus Keyboardspuren und marschierenden Takten bestehen. Ihr melodischer Neoprog setzt auf Emotionen und düstere Atmosphäre – über allem der stilsichere und ausdrucksstarke Sänger Peter Nicholls. Seine Texte verleihen Momenten wie „The Road Of Bones“ eine eindringliche Note, und die Sichtung des Konzertes aus Holland ist dank seinen Einlagen auch in der Stube unterhaltsam. IQ setzen bei „Scrape Across The Sky“ auf eine Mischung aus neuen Liedern wie dem Kracher „Without Walls“, alten Epen wie „Awake And Nervous“ oder Lieblingen wie „Leap Of Faith“.

Die Livekonserve richtet sich darum nicht nur an Fans der ersten Stunde, sondern auch neue Freunde, die sich einen Überblick von IQ verschaffen wollen. Die Band zeigt hier nicht nur, wie sauber und genau sie spielen kann, sondern dass ihre Musik unverkennbar und unkaputtbar bleibt. Wer den typischen Kitsch des Neoprog mit Achtziger-Schräglage mag, der findet mit „Scrape Across The Sky“ eine wunderbare Beschäftigung für die langen Nächte vor dem TV. Nur schade, lässt der Schnitt zu wenige Blicke auf die Leinwände und Visuals erhaschen. Dafür erhält man bei „Ten Million Demons“ die Möglichkeit, Gitarrist Mike Holmes mit Engelsflügeln zu sehen. Ist doch auch was, oder?

Anspieltipps:
The Road Of Bones, Frequency, Without Walls

Dieser Text erschien zuerst bei Artnoir.

Die besten Alben 2014

Weihnachtszeit ist Listenzeit. Schon als Kind schrib man in süsser Krackelschrift ein Zettel mit all diesen tollen Spielsachen voll, in der Hoffnung, zumindest die Hälfte davon unter dem Baum vorzufinden. Nachdem man diese beschützte Zeit hinter sich gelassen hat, kauft man sich Lego und Playmobil nun einfach selber – schliesslich arbeitet man ja nicht ohne Grund. Aber ohne Listen will ich weiterhin nicht auskommen, gerade als Ordnungsmensch. Naheliegend und für diesen Blog interessant: Die 10 besten Alben 2014, die besten Konzerte, die besten Songs, die besten Musikvideos, die besten Filme. Es gibt viel zu ordnen, aufzuschreiben und zu bewerten, gerne geschieht dies auch unter Freunden zu einem gesunden Glas Hopfensaft.

2014 war musikalisch gesehen ein gutes Jahr, viele Veröffentlichungen waren von hoher Qualität und lohnten sich gegen Goldmünzen in die Wohnung zu schleppen. Was allerdings fehlte, war ein Ausreisser. Keine Platte überstrahlte alle anderen, keine Band erschuf ein Meisterwerk für alle Zeiten. Somit hatte ich echt Probleme, eine Top Ten zu erstellen und die richtige Reihenfolge zu eruieren. Wie immer gilt hier natürlich: Die Wertungen sind komplett subjektiv und werden von keinem zweiten Menschen so gesehen. Sehr wahrscheinlich habe ich auch genau die Platte verpasst, die euch am besten gefällt. Hier seid ihr gefragt, schreibt und diskutiert mit. Denn wie gesagt, 2014 hat so einiges Bermerkenswertes auf die Plattenteller serviert.

Top 10-2014_MBohli

Gewonnen hat dieses Jahr:
Anathema – Distant Satellites
Die wunderschön traurige Mischung aus Art-Rock, sphärischen Klängen und Melancholie blieb bei mir am stärksten haften. Das Songwriting der Band wird auf dieser Platte perfektioniert und führt den Weg der Vorgänger konsequent weiter. Mit neuen Ideen, wie der stärkeren Einbringung von elektronischen Beats, und Besinnung auf alte Tugenden, ist ein träumerisches Werk voller Sehnsucht, Liebe und Leben entstanden.

Auf dem zweiten Platz hat sich in letzter Sekunde noch ein unbekanntes Gesicht eingeschlichen. Das unbetitelte Debüt von Antemasque ist ein spassiges Kind von zwei bekannten Musikern: Omar Rodriguez-Lopez und Cedric Bixler spielen nach „At The Drive-In“ und „The Mars Volta“ wieder zusammen. Songs voller Freude, auf einem festen Fundament voller Gitarren und Gesang.

Die Bronzemedaille holen sich Archive mit ihrem Film-Musik Projekt Axiom. Ihr Konzeptwerk der monochromen Ambient-Electronica funktioniert sowohl mit den utopischen Bildern, als auch ohne. Grandioser Aufbau, wundervolle Wände. Zum träumen und fürchten.

Zu allen weiteren Alben in der Bestenliste finden sich die Reviews ebenfalls auf diesem Blog, gesammelt im Review-Index. Viel Spass beim nachlesen, nachhören und beurteilen. Dass fast alle Cover vor allem Schwarz in den Vordergrund stellen, sagt übrigens nichts über mein Jahr aus. 😉

Und hier noch mehr tolle Musik, die es aber knapp nicht auf das obere Bild geschafft hat. Auch hier gilt: Alle Platten wurden auf diesem Blog vorgestellt und besprochen.
Das beste Werk aus der Schweiz war für mich die EP von Moscow Mule.

Weitere Alben-2014_Mbohli

Some day surely someone must help us… – Playlist 7//14

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Part 7//14 – Some day surely someone must help us…
Juli 2014

1. Marillion – Gaza // Live
(A Sunday Night Above The Rain – Holland, 2014)

Der schreckliche Konflikt im Gazastreifen hört nicht auf, er wird immer schlimmer. Dass Marillion dazu ein Lied veröffentlichten und sich klar gegen die Gewalt und für keine Seite positionieren ist nahvollziehbar. Dass es ein fast 20 minütiges Epos mit unterschiedlichen Teilen und spannender Struktur wird konnte aber keiner ahnen. Die Band zeigt sich hier agressiv und laut, sanft und melodisch, tieftraurig und doch hoffnungsvoll. Dazu der unter die Haut gehende Text von h der alles aus den Augen von unschuldigen Jugendlichen im Gazastreifen zeigt. Ein Meisterwerk, wichtig, grandios und zum weiter verbreiten.
Bitte, stoppt diesen Krieg!

2. Marillion – Sounds That Can’t Be Made // Live
(A Sunday Night Above The Rain – Holland, 2014)

Dieses Lied ist ein unerklärlicher Fall: Bietet es doch eher bekannte Klänge und ein unspektakulärer Ablauf im Marillion-Kosmos, trotzdem hat es mich vom ersten Moment her total berührt und gepackt. Vom gleichnamigen Album stammend verführen mich die tollen Synthies, Gitarren und der wunderbare Schluss immer wieder in neue Welten. Die Live-Version aus Holland ist noch besser als die Studiovariante.

3. Anathema – Closer // Live
(Universal, 2013)

Vor Marillion spielten Anathema am diesjährigen Night Of The Prog Festival auf der Loreley und boten nebst vielen Songs vom aktuellen Album Distant Satellites auch ein paar alte Klassiker. Closer (hier als Live-Aufnahme von der letzten Tour mit Orchester) ist ein eher kryptischer Song mit verwobenem Gesang und viel Elektronik. Aber dann der unglaubliche Ausbruch!

4. IQ – Frequenzy
(Frequenzy, 2009)

Auch am NotP live bestaunt boten die Neoprog-Könige auf dem Album Frequenzy wieder echte Brecher. Das Titellied haben sie auf der Loreley live dargeboten, aber auch als Studioaufnahme überzeugt dieser Longtrack mit marschierenden Drums / Gitarren, viel Keyboards und dem unvergleichlichen Gesang von Nicholls. So muss dieses Subgenre klingen, so müssen Progsongs aufgebaut sein.

5. Tim Bowness – Songs Of Distant Summers
(Abandoned Dancehall Dreams, 2014)

Werden wir nun etwas ruhiger, der diesjährige Sommer war schliesslich eher ein stiller mit vielen nachdenklichen, grauen Tagen. Dazu liefert Tim Bowness mit seinem neuen Soloalbum den perfekten Soundtrack. Songs Of Distant Summers ist voller Melancholie, traurigem Gesang, wunderschönen Klavierakkorden und sphärischen Synthieflächen. Alleine geniessen und Tränen vergiessen oder zusammen auf dem Balkon stehen und die Regentropfen zählen.

6. Massive Attack – Girl I Love You
(Heligoland, 2010)

Manchmal braucht man eben doch ein Konzert um missachtete Lieder lieben zu lernen. Mit dem Auftritt am diesjährigen Montreux Jazz Festival konnte mich die Band verzaubern, dabei spielten sie auch Songs vom „aktuellen“ Album Heligoland. Girl I Love You hat mich dabei umgehauen. Der rollende Bass, die trippigen Schlagzeugbeats, verzerrte Gitarren und trauriger Gesang: Eigentlich ein moderner Klassiker der Band. Endlich weiss ich das Lied auch zu schätzen.

7. The Brian Jonestown Massacre – Vad Hände Med Dem?
(Revelation, 2014)

Das Kollektiv mit dem witzigen (?) Bandnamen bietet seit jahren eine eigene Mischung aus Rock, Folk, Psychedelic und weiteren Unterarten der aktuellen und vergangenen Musikgeschichte. Das neue Album weiss zu überzeugen, besonders der in schwedisch gesungene Opener ist mitreissend. Lässt sich auch gut dazu tanzen.

8. Jeans For Jesus – Toucher // Cover
(Jenas For Jesus, 2013)
Leider leider finde ich das Lied nicht als Link im Netz, aber kauft euch einfach das komplette Album der jungen Berner Band. Ihre neuartige Musik in Kombination mit Gesang in Mundart ist erfrischend und weckt wie eine Zitrone am Morgen. Das Züri West Cover Toucher zeigt auch, wie gut es die Jungs verstehen Musik zu verändern ohne die Eigenheiten zu verlieren. Das tolle Lied wird nach ihrer Dubstep-Electronica-Core Behandlung noch besser!

9. Ben Klock – Gold Rush
(One, 2009)

Der Abschluss führt diesen Monat in den Club (und nein, ich war nicht an der Street Parade), und zwar in einen düsteren und etwas gruseligen. Ben Klock vom Berghain-Label Ostgut Ton bietet Dark Minimal-Techno und brennt mit tiefen Bässen, knisternden Synthies und harten Beats deine Trommelfelle an. Was du willst nicht tanzen? Na gut, breche ich dir halt die Beine.

Live: Night Of The Prog Festival, Loreley 14-07-18 / 19

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Night Of The Prog Festival Volume 9
Freilichtbühne Loreley, St. Goarshausen
Freitag 18.07.2014 / Samstag 19.07.2014

Freitag

Das Night Of The Prog Festival wäre eigentlich seit Jahren ein Muss für mich, wird hier doch genau die Musik gespielt welche ich zur Zeit am liebsten höre. Prog, Art-Rock, Post. Doch erst dieses Jahr war es mir vergönnt, die wunderschöne Freilichtbühne auf der Loreley zu besuchen. Wettertechnisch sonnig und heiss kamen wir nach staugefüllter und langer Autofahrt auf der Loreley an, leider spielte während dem Zeltaufbau bereits die erste Band. Pünktlich zu den Deutschen Proggern Traumhaus gönnten wir uns das erste Bier im Amphitheater und lauschten der leider etwas statisch auftretenden Band. Viel war da nicht in Bewegung, das änderten aber Collage aus Polen schnell. Der junge Frontmann der schon seit Jahrzehnten im Geschäft tätigen Band rannte auf der Bühne hin und her und verstand es das Publikum anzuheizen. Musikalisch eher im hoch melodiösen Prog angesiedelt wusste die Reunions-Besetzung zu gefallen.

Mit Long Distance Calling waren wir schon bald beim ersten Highlight angelangt. Wuchtiger Post-Rock ohne Gesang, die Jungs verstehen ihr Handwerk. Der Auftritt war souverän und sogar ein Song der neuen Jam-EP Nighthawk wurde gespielt. Hier wusste man auch plötzlich wieder, in welchen Takt man den Kopf nun bewegen kann. Bei Prog-Suiten ist dies oft ein schwieriges Unterfangen.

Mit IQ betraten am frühen Abend die unbestrittenen Könige des Neoprog die Bühne und ertranken ihre Musik in einer unglaublich schlechten Abmischung. Der erste Song war ein Brei aus Klängen und Gesang, erst nach und nach verbesserte sich das Klangbild. Unverständlich, ist die Band schliesslich kein neuer Stern am Proghimmel und sollte sich versierte Klangtechniker leisten können. Freude am Konzert kam bei mir trotzdem auf, endlich mal „The Darkest Hour“ oder „The Road Of Bones“ live zu hören war ein tolles Erlebnis. Sehr spannend war auch wie viel Präsenz der Sänger Peter Nicholls mit knappen Gesten und bedeutungsschwangeren Blicken aufbaute, auch wenn er sich diesmal nicht gross verkleidete. Setlist

Als Abschluss des ersten Abends hüpfte die Supergruppe Transatlantic auf die Bühne und spielte sich schon in den ersten Minuten in einen Rausch. Die Mitglieder stammen / stammten aus bekannten Zusammenschlüsse wie Marillion, Dream Theater, oder Spock’s Beard und mussten sich keinem mehr beweisen. Mike Portnoy war wie immer nicht zu bändigen, Neal Morse zeigte nebst seinem Können als Sänger und Keyboarder auch noch ein Gitarrensolo. Die Setlist war eine gelungene Mischung aus neusten Liedern und alten Klassikern. So durfte nebst einem 40-minütigen Whirldwind-Medley auch „We All Need Some Light“ oder „Black As The Sky“ beklatscht werden. Die technische Perfektion, das sympathische Auftreten und eine gelungene Lichtshow setzten den würdigen Schlusspunkt des ersten Tages. Setlist

Transatlantic_NofT_MBohli IQ_NoftP_MBohli

Samstag

Früh begann der Tag mit einem Besuch unten im Dorf am Rhein. Die Sonne brannte bereits unbarmherzig und der einzige Supermarkt war wegen Umbau geschlossen. Geld und ein Brötchen fanden wir trotzdem, frisch gestärkt fuhren wir wieder auf den Festival-Camping um da mit unseren neuen Freunden zu musizieren. Auf dem Gelände wurden wir als erstes von A Liquid Landscape (Holland) beschallt, gelungener Prog-Psychedelic ohne Synthies. So etwas gibt es hier selten, die Band hat mich aber überzeugt. Dream The Electric Sleep präsentierten sich als erfahrene Musiker, trotz erst zwei veröffentlichten Alben. Ihr epischer Art-Rock kam gut an und gottlob spielten sie als letzten Song im Set das grandiose „This Is This“. Scheinbar war ich einer der wenigen der das Debüt-Album kannte und darum auch dieses Lied forderte. Interessanterweise übrigens die einzige Band aus den USA an diesem Festival.

Clepsydra liess ich trotz Schweizer Herkunft aus, der Gesang und die musikalischen Fehlgriffe konnten mich nicht vor die Bühne locken. Und ab und zu muss jeder mal ein wenig Schatten tanken. Bigelf mussten ihr Konzert leider absagen, obwohl eher zum Glück. Denn mit Brian Cummins (Be Gabriel) ging für mich ein Traum in Erfüllung. Brian nur mit Gitarre und vielen Loops bewaffnet sing ein Best Of Gabriel Set, als zweiten Song mein absolutes Lieblingslied „Red Rain“. Und das an meinem Geburtstag!! Setlist

Danach war ich erst mal hin und weg und konnte mich erst kurz vor Konzertstart von Anathema wieder fassen oder besser gesagt, wurde von den Gitarren und Synthie-Wänden weggeblasen. Die Band um die Cavanagh Brüder spielte ein tolles Set aus Songs von „Distant Satelittes“ und älteren Alben. Mit „Closer“ und „A Natural Disaster“ fanden zwei Klassiker Platz und mit jedem einzelnen Lied hüpfte mein Herz ein wenig schneller. Gerne hätte ich noch eine Stunde mehr zugehört und mich wegfliegen lassen. Setlist

Aber die Zeit war reif für den absoluten Höhepunkt dieses Wochenende: Marillion live, wenige Meter vor mir und mit einem sehr Pop lastigen aber toll gemischten Set. „Sounds That Can’t Be Made“, „You’re Gone“, „Easter“, „Kayleigh“ und und und. Hit folgte auf Hit, ich realisierte gar nicht was um mich geschieht. Mit der Zugabe „Neverland“ fühlte ich mich wie im Himmel und zuvor konnte ich sogar h auf die Schulter klopfen. Er bewegte sich bei „Lavender“ durchs Publikum und auch sonst während dem gesamten Konzert sorgte der Sänger für gute Stimmung. Sehr beeindruckt war ich auch vom Eröffnungssong „Gaza“. Politisch leider hochaktuell und unter die Haut gehend. Alles in allem war Marillion ein unfassbares Erlebnis welches ich erst am Tag danach wirklich realisierte. Solch intensive Momente gibt es im Leben selten, aber dafür bleiben sie für immer im Herzen. Setlist

Marillion_NofP_MBohli Anathema_NoftP_MBohli

Night Of The Prog auf der Loreley, nächstes Jahr bin ich auf jeden Fall wieder mit dabei!

But we can’t choose how we’re made – Playlist 5//14

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Part 5//14 – But we can’t choose how we’re made
Mai 2014

01 Jonathan Wilson – Fanfare
(Fanfare, 2013)

Als Album-Eröffnungslied perfekt funktionierend muss es auch hier auf dem Platz Nummer Eins stehen. Der sanfte Beginn lässt dich näher heran rücken, dann erklingt das Piano, kumuliert sich schnell mit Schlagzeug, Streicher und Effekten. Kurz bevor der Kitsch überhand nimmt gesellt sich Jonathan mit seiner sanften, etwas brüchigen Stimme dazu und vollendet das Lied „uuh let me love you“. Und noch so gerne gibt man all seine ganze Liebe den restlichen vier Minuten, denn das so leise gestartete Lied wird zu einem Orkan der Gefühle und Hippiemusik inklusive Saxophon. Grossartig.

02 Southerner – Kingdom Come
(A Song For Old Songs, 2014)

Kennen gelernt durch Noisetrade überzeugte mich die EP von Southerner auf Anhieb. Ganz sanfter Post-Rock mit viel Melancholie der gegen Ende mit wunderbaren Gitarren aufwartet. Nicht unbedingt die Musik für einen WM-Sommer (trotz Chorgesang), aber wenn es wieder mal regnet oder die Lieblingsmannschaft ausscheidet findet man hier Trost.

03 Starkus Meiner – Father And Son
(Time For Little Pieces And Catchy Melodies, 2014)

Mundart-Musik aus Zofingen, hier auf dem Blog auch schon vorgestellt, ist eine Seltenheit. Starkus Meiner hat mit seinem Debüt und für mich besonders mit diesem Song wunderbare Kleinode aus dem alltäglichen Leben von Familie, Freundschaft und Kultur geschaffen. Dieses Lied zeigt das zerbrechliche Gerüst das Vater und Sohn verbindet oder ebenso schnell trennt. Geniesst die gemeinsame Zeit.

04 David Bowie – The Stars (Are Out Tonight)
(The Next Day, 2013)

Lange habe ich das neue Album unangetastet gelassen, trotz den allgemeinen Lobhudeleien. Dank der Medienabteilung in der städtischen Bibliothek fand Herr Bowie doch noch den Weg zu mir ins Wohnzimmer. Und siehe da: Das Album ist wirklich super, besonders spassig unter Anderen der Song „The Stars (Are Out Tonight)“ das ganz klar mit dem Charme der „Heathen“-Ära spielt und klassischen Bowie-Gesang mit schrägen Gitarren-Akkorden und Keyboard-Geplinker verbinden. Funktioniert.

05 Lily Allen – Hard Out Here
(Sheezus, 2014)

Aaaaah Stilbruch, aber I don’t care denn Lily hatte schon immer ein Teil meines Herzens gewonnen. Ihre fröhliche Musik mit den angriffigen Texten ist intelligent und macht Spass. Hard Out Here war der Vorbote des neuen Albums und funktioniert gewohnt wie ihre alten Hits. Eingängige Melodien mit geschlagenen Piano-Akkorden, steriler Beat und ihre hüpfende Stimme. Schade hat sie schon einen Mann. 😉

06 The Intersphere – Out Of Phase
(Relations In The Unseen, 2014)

Ihr Album hat mich nach einigen Durchläufen total umgehauen, sehr schnell blieb aber Out Of Phase hängen. Das Lied ist nicht nur ein spannend geschriebenes Stück Alternative Rock mit grossen Gesten, sondern weiss genau das Mehr nie Genug ist. Schichtet doch noch ein paar Spuren mehr darüber. Gitarren gibt es nie genug, dann brauchen wir noch Streicher und Effekte und tiefe Synthiebässe und und und. Ein Monster der Studiotechnik, trotz allem aber immer noch grossartiges Songwriting.

07 Against Me! – Talking Transgender Dysphoria Blues
(Transgender Dysphoria Blues, 2014)

In der Albumkritik bin ich schon auf das Thema Transgender eingegangen, verständlicherweise handelt auch der Titelsong des Album davon. Mit intelligenten Textzeilen wie „You want them to notice, / The ragged ends of your summer dress. / You want them to see you /Like they see every other girl. / They just see a faggot. / They’ll hold their breath not to catch the sick.“ wird die Problematik gut angesprochen und musikalisch in der typischen Alternative-Punk-Rock Mischung von Against Me!

08 Die! Die! Die! – Changeman
(Harmony, 2012)

Wild zappelndes Lied, wie ein frisch gefangener Fisch im Netz, die Instrumente wollen zeitgleich in alle Richtungen ausbrechen und wegfliegen. Doch der Gesang pack alle am Hals und hält sie zusammen. Besonders der Refrain wird zum Fixpunkt und bellt lauter „Changeman“ durch die Gegend. Typisches Lied von Die! Die! Die!, typisch gut.

09 EMA – Cthulu
(The Future’s Void, 2014)

Bleiben wir düster in der Grundstimmung, werfen neu aber eine verzweifelte Frauenstimme in den Topf. EMA malt auf ihrem neuen Album mit den Songs wie „Cthulu“ ein pessimistisches Bild der aktuellen Lage auf unserem Planeten. Es handelt sich hier um eine Frau die sich nicht zurecht findet, sich verbessern möchte und das Leben neu gestalten will. Einfacher gesagt als gemacht, besonders wenn die Umgebung von kratzenden Beats und Gitarren bestimmt wird, Industrial-Electro-Punk könnte man wohl sagen.

10 Paris XY – Panic Attack
(EP002, 2013)

Die düsteren Beats übertragen wir nun in das nächste Lied, hier aber klarer produziert und eher drückend im Club. Paris XY haben einen bösen Stampfer mit passendem Namen „Panic Attack“ erschaffen der Spass macht. Elektronische Musik mag ich am liebsten wenn es in Richtung Verzweiflung und Bosheit abdriftet. Unterstützt wird das hier noch mit der tollen Stimme von Alice Smith, erstaunlich wie jung die Dame noch ist.

11 IQ – The Road Of Bones
(The Road Of Bones, 2014)

Immer dieser kitschige und überschwängliche Neoprog, aber hey ich mag das wenn es ein wenig aus den Boxen trieft. Synthies und Keyboard werden gestapelt bis alles zusammenfällt, einem drüber mit Schlagzeug und Gitarre und schon ist alles wieder sauber, oder schwarz wenn man die Grundstimmung des Lieds betrachtet. Nach dem stillen Intro macht ein treibender Schlagzeugbeat den Weg frei für das Knochen-Xylophon, den grossartigen Synthieflächen und starken Leadgesang. So müssen längere Lieder aufgebaut sein, stark.

12 Coldplay – Midnight
(Ghost Stories, 2014)

Erholen wir uns kurz und lehnen zurück, Coldplay präsentieren auf ihrem neuen Album nicht nur bekannten Herzschmerz und Kitsch, sondern das – in meinen Augen – erfrischende Midnight. Ein kleines Lied im Ambient-Electronica Gewand, voller verzerrter Stimmen, schwebenden Melodien und sanften Beats. Sicherlich keine Neuerfindung genannter Genres, aber für mich funktioniert der Songs super und verbreitet eine angenehme Stimmung.

13 LCD Soundsystem – Get Innocuous!
(The Long Goodbye – Live At Madison Square Garden, 2014)

LCD Soundsystem sagen Tschüss und hauen so schnell ein über drei Stunden langes Konzert auf die Bretter. Hits, nur Hits! „Get Innocuous“ ist ein klarer Gewinner, mit typischen Zitter-Beat, hyperaktivem Schlagzeug und mehrstimmigen Gesang. Natürlich ist das Lied über sechs Minuten lang, natürlich drehen sich die Klänge wie eine Spirale in die Luft. Harmlos?

14 Eno * Hyde – When I Built This World
(Someday World, 2014)
Leider habe ich dazu kein Video oder Link gefunden, das schräge Stück Electronica steht aber wie ein windschiefes Bretterhaus in der Landschaft und schiebt dir zuerst ein Dorn ins Trommelfell. Kaum hast du dich an die Disharmonien gewöhnt fallen tausend Klänge wie ein Regenschauer auf dich nieder und begraben dich unter dem Song der sich immerzu wandelt. Was für ein Spass!

15 Jonathan Wilson – All The Way Down
(Fanfare, 2013)
https://soundcloud.com/jonathanwilson/all_the_way_down
Der Kreis schliesst sich, denn auf „Fanfare“ findet man nicht nur den perfekten Album-Opener sondern auf das Schlusslied ist umwerfend. Eine ganz sanft gespielte Melodie auf Gitarre, der leise Gesang und weiches Pianospiel, rührt fast zu Tränen. Die Gefühle übermannen dich spätestens gegen den Schluss wenn der grosse Refrain alles gibt. Nicht lesen, Augen schliessen und anhören. Immer wieder.

IQ – The Road Of Bones (2014)

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IQ – The Road Of Bones
Label: GEP, 2014
Format: Doppel-CD im Digipak
Links: Discogs, Band
Genre: Neoprog

Neoprog war für mich schon immer eine Musikrichtung die mir sehr gefällt. Epische Songlängen, Wände aus Synthie und Gitarren, viel Melancholie, spannende Taktwechsel und der moderne Kitschanstrich. Ja ich mag Kitsch sehr, wenn er richtig gemacht ist. Interessanterweise braucht es aber auch sehr viel bis mir ein Album aus diesem Genre wirklich gefällt. IQ fand ich als Band immer spannend, ihr Album „Ever“ ist grandios. Was danach folgte war leider meist eher durchwachsen oder ich habe es nicht verfolgt.

Fünf Jahre nach „Frequenzy“ folgt mit „The Road Of Bones“ nun das neuste Werk der Engländer, fünf Lieder zwischen 6 und 19 Minuten. Dabei bleibt die Band jederzeit ihrem Klangkosmos treu, wagt dabei leider nicht viel neues. Markenzeigen wie gewisse Schlagzeug-Gitarrenriffs erkennt man wieder, Gesangsmelodien erinnern an vergangene Werke. Es ist ihnen trotzdem gelungen das Album spannend zu gestalten, ruhige Passagen folgen auf brachiale Eruptionen, Solos auf Strophen. Dabei ist vor allem die Gesangsleistung von Peter Nicholls und die Gitarrenarbeit Mike Holmes‘ beachtlich und vielfältig. Bei den Tasteninstrumenten hingegen fällt aber doch auf, dass Martin Orford nicht mehr in der Band spielt und dabei auch die Songstrukturen etwas leiden. Ersetzt wurde er durch Neil Durant der den Keyboards trotzdem einiges entlockt, klingen sie doch mal wie bei Deep Purple, dann wieder wie bei Dream Theater.

Leider ist es aber so, dass das Album trotz seiner Qualitäten und düsterer Stimmung eher zu gleichförmig geraten ist, die Songs somit teilweise schwer zu unterscheiden. Als Bonus-CD gibt es noch sechs weitere Lieder die auf dem Album keinen Platz fanden. Teilweise schade, wurde hier doch klangspielerisch freier gearbeitet. Trotzdem eines der besseren IQ Alben, gerade wegen der Endzeitstimmung und dem Titelsong. Was für ein episches, packendes Lied mit Knochenxylophon, langsamen Aufbau, bedrückenden Lyrics und wunderbaren Synthieflächen. Dass es gegen Ende dann noch heftig ausbricht ist bei der Band selbstverständlich. Somit allen Freunden der Band und des typischen 90er Neoprog zu empfehlen.

Anpieltipps:
The Road Of Bones, Without Walls, Hardcore