Anniversary

Various Artists – Real World 25 (2014)

RealWorld25_MBohli

Various Artists – Real World 25
Label: Real World, 2014
Format: 3 CDs in Box; mit Booklet, Poster und Aufkleber
Links: Shop, Jubiläumsseite
Genre: World, Ethnic, Pop, Rock, Folk

Ein Vierteljahrhundert Musik aus allen Ecken der echten und realen Welt. Das von Peter Gabriel gegründete Label „Real World Records“ feiert dieses Jahr das 25-jährige Bestehen, und das will doch kräftig gefeiert werden. Zu diesem Zweck wurde das hübsch gestaltete und verpackte Drei-CD-Set mit dem simplen Namen „Real World 25“ veröffentlich und deckt die gesamte Geschichte und Bandbreite des Labels ab. Nebst den CDs findet sich in der kleine Kiste noch ein Booklet mit tollen Infos zu jedem Song, ein Poster mit vielen Bildern rund um das Label und für Vorbesteller viele Kleber und Aufziehtattoos.

Unterteilt wurde das Set in drei Themen: Auf der ersten Scheibe finden sich die grossen Hits, die zweite CD beinhaltet eher unbekannte und selten gehörte Lieder, und an dritter Stelle die Lieblingssongs der Real World Hörer, ausgewertet via Internet. Dabei ist klar, dass mit den 48 Liedern praktisch alle Varianten der Musik vorgestellt werden. Von traditioneller afrikanischer Musik mit viel Rhythmus über indische Klänge hin zu wunderbaren Liedern aus dem nahen Osten, englisch traditionellem und arabisch verzauberndem – für jeden Geschmack ist etwas dabei. Es ist sehr interessant und verzückend, all diese Künstler und ihre Lieder zu erforschen, entdecken und lieben zu lernen. Mit dem Begleitheft erfährt man nicht nur woher, wie alt und von wem die Songs stammen, sondern kann in den kompletten Real World Kosmos eintauchen. Offene Geister werden hier nicht nur neue Welten entdecken, sondern allgemein die Musik mit neuen Augen betrachten.

Der Gründer und Leiter selber, Peter Gabriel, gibt sich auch einen Einstand mit der Soundtrackarbeit „The Feelings Beings“ vom „Passion“ Album. Diese fügt sich hervorragend in die Compilation ein und zeugt davon, mit wie viel Sorgfalt hier gearbeitet wurde. Auch wenn man oft zwischen den Songs die Kontinente und Jahrzehnte wechselt, erscheint alles ein grosses und volles Ganzes zu ergeben. Die Lieder fügen sich zu einer farbenfrohen und klangbunten Welt zusammen, ein Abbild unserer Erde, ein reales und atmendes System. Und auch wenn sich diese Katalogzusammenstellung nicht so stark von anderen Compilations wie „30: Real Life At Womad“ unterscheidet, ist sie doch eine gelungene Ergänzung für die Sammlung und hoffentlich Startpunkt für weitere Nachforschungen und Einkäufe im Gebiet der World / Ethnic / Folk und Traditional Music.

Anspieltipps:
Mustt Mustt – Nusrat Fateh Ali Khan, The Feeling Begins – Peter Gabriel, Glistening Fields – Iarla Ó Lionáird, Release – Afro Celt Sound System, Awa Y’okeyi – Papa Wemba

Das dazu passende Getränk:
Arabischer Kaffee, japanischer Sake, indischer Lassi, tunesischer Minzsirup, englischer Earl Grey und so weiter.

Underworld – Dubnobasswithmyheadman (1994 / 2014)

Underworld_Dubwithnobass_MBohli

Underworld – Dubnobasswithmyheadman
Label: Universal UMC, 2014
Format: 5 CDs in Schuber, mit Buch und Downloadcode
Links: Discogs, Band
Genre: Techno, Electronica, Ambient

Vor 20 Jahren veränderten Karl Hyde, Rick Smith und Darren Emerson nicht nur die musikalische Ausrichtung von Underworld komplett (die Vorgänger „Underneath The Radar“ und „Change The Weather“ sind in der Verwandlung erst auf halber Strecke), sondern beeinflussten den Dance-Sound auf der ganzen Welt. Das Album mit dem sperrigen Titel „Dubnobasswithmyheadman“ verband erstmals pochenden Techno und Dance mit entspannter Atmosphäre und vor allem: Sprechgesang. Die Stimme von Karl Hyde untermalt die Tracks mit kryptischen Textzeilen und sich wiederholenden Parolen. „Thunder thunder lightning ahead. Now I kiss you dark and long“, „And I see Elvis! And I hear God on the phone“ oder „I’m the spoonman. Talks to God. Transfusion. Penetration.“ Daraus muss sich jeder selber zusammenreimen was die Aussagen zu bedeuten haben, der Musik tut dies aber mehr als gut.

Jedes Lied ist eine kleine Reise in die Welt der Clubs und tanzenden Meuten. Aber Underworld bleiben dabei immer ruhig und kreieren sanfte Beats die treiben und gerne ins Bein gehen. Zeit geben sie sich genug: Bis zu 13 Minuten lang wurden die Teile, welche als Gesamtes ein wunderbar stimmiges Album ergeben. Bis heute steht es an der Spitze der intelligenten Clubmusik aus England und weiss auf mehrere Arten zu gefallen: Die Lässigkeit mit der die Musik präsentiert wird – wie eine kuschelige Ecke im After Hour Club, die verwirrenden und oft sogar verängstigenden Texte, die merkwürdigen Soundeffekte und effektvollen Einspielungen und natürlich die tollen Beats und Gitarren. Stücke wie „Mmm…Skyscraper I Love You“ oder „Dirty Epic“ haben sich zu Klassiker gemausert und stehen anderen Hits von Underworld wie „Rez“ oder „Born Slippy“ in nichts nach. Eine würdige Jubiläumsbehandlung ist bei diesem Album also mehr als verdient.

Das volle Feierpaket erhält man mit der fünffachen CD-Box, die mir hier vorliegt. Nebst dem klanglich überarbeiteten Originalalbum auf der ersten Silberscheibe erhält man massig zusätzliches Material, mit dem es sich vorzüglich in die Welt rund um „Dubnobass…“ eintauchen lässt. Je eine CD enthalten die Singles, Remixes, alternative Versionen und eine live aufgenommene Probesession mit vielen Improvisationen. Klar ist dies zuerst einmal ein völliger Überfluss an Material. Wer will schon sechs verschiedene Aufnahmen von „Dark & Long“ an einem Tag anhören. Nimmt man sich aber Zeit für dieses Set, entfalten sich bald neue Sichtweisen auf die Produktion, den damaligen Zeitgeist und die Arbeitsweise von Underworld. Es gelingt somit, eine stimmige Momentaufnahme der mittleren Neunziger zu erschaffen und auch Spätgeborenen ein klares Bild zu vermitteln.

Also dann nicht wie los, abzappeln zu „Dirty Epic“, alles zertrümmern zum wunderbar krachenden „Cowgirl“ oder in älteren Zeiten des Synthie-Pop schwelgen mit „M.E.“. „Dubnobass…“ bietet alles, was ein Techno / House Album bieten soll und wird wohl auch in den nächsten Jahren nicht übertroffen oder für unwichtig erklärt werden.

Anspieltipps:
Mmm…Skyscraper I Love You, Dirty Epic, Cowgirl

Das dazu passende Getränk:
Ein Gin & Tonic mit Gurke und Pfeffer, mit stylischen Plastikbecher frisch aus dem Club.