Badenfahrt 2017
Bands: Mama Jefferson, Gurr
Montag 21. August 2017
Website: badenfahrt.ch
Wer es richtig macht, der kann sich an der diesjährigen Badenfahrt eigens ein tägliches Motto zusammenstellen. Natürlich lauert das Wort „Versus“ hinter jeder Ecke, doch dieser Montag war perfekt geeignet, um die Feier unter den Banner „Frauen entern die Bühne“ auseinander zu nehmen. Wobei einem hier besonders die wunderhübsche Polygon-Bühne Hilfe anbot und erneut klar machte, dass es keinen Grund gibt, warum nicht jede Band von einer Frontfrau gerockt werden sollte. Das Gegeneinander fand man hier also nur im Wettkampf Schweiz gegen Deutschland.
Noch während die Sonne schien und sich viele erst durch die Stände und Sehenswürdigkeiten in der Aargauischen Gemeinde Baden kämpften, betrat ein Trio die Bühne neben der Limmat, das erst seit 2016 von Zürich aus die Rockherrschaft an sich reissen will. Geführt von der energiereichen und wie eine Explosion auftretenden Bassistin / Sängerin Vanja Vukelic nahmen Mama Jefferson Besucher, Bier und Badenfahrt in die Mangel und liessen es krachenden Rock regnen.
Silvan Gerhard entlockte seiner Gitarre zerfetzende Riffs und Schlagzeuger Mattia Ferrari trommelte Bäume nieder. Ob nun eine Prise Punk, Blues oder Trash, bei diesem Trio geht es um die schier unendliche Lust am lauten Musikmachen – was sich bei einer solchen Euphorie auf der Bühne auch schnell auf die Zuschauer ausbreitete. Mama Jefferson live zu erleben, das ist eine wahre Wonne – und wir wünschen der Band viel Erfolg auf ihrer kommenden Tour durch Russland.
Viel gereist sind auch Andreya Casablanca und Laura Lee als Gurr, welche seit noch nicht so langer Zeit als die heisseste neue Band Berlins gelten. Ihr frecher und immer direkter Garage Pop taucht tief in den Schlund der Riot Grrrls ab und sorgte auch zu dunkler Stunde für Staubwolken vor der Polygon-Bühne. Aufgestockt zu einem Quartett zeigten die Frauen, dass man qierlige Stimmen und fröhliche Songs sehr wohl mit Krawall und Lärm ausfüllen kann. Die Songs transportierten die Zuhörer in eine verranzte WG der Deutschen Hauptstadt, welche von der Musik zugleich niedergerissen wurde.
Autofahrten gegen Rollerskating, die kalifornische Sonne gegen den Deutschen Beton und immer total in der aktuellen Zeit – sogar „Helter Skelter“ wurde plötzlich zu einem brandaktuellen Aufstand. Gurr machen live sehr viel Laune und sorgten für den perfekten Abschluss an diesem Montagabend. Da war es nur Recht, dass sie von den Leuten immer wieder auf die Bühne geholt wurde. Wer es doch etwas stiller mag, der kann während der Badenfahrt im Kurpark Fabeln hören und auf geschnitzten Tieren sitzen. Oder im Freiluftkino mit Kopfhörer Filme schauen und aus dem Augenwinkel das wilde Getue bei der Polygon beobachten.
Dieser Text erschien zuerst bei Artnoir.
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