DVD

Steve Rothery – The Ghost Of Pripyat (2014)

SteveRothery_GhostOfPrypjat_MBohli

Steve Rothery – The Ghost Of Pripyat
Label: Eigenveröffentlichung, 2014
Format: CD und DVD im Digipak mit Booklet
Links: Discogs, Musiker
Genre: Instrumental, Art-Rock, Space Rock

Erstaunlich, Steve Rothery ist seit Jahrzehnten als Musiker unterwegs und untermalt die Lieder von Marillion dabei immer mit sehr viel Gefühl und Können. Doch erst jetzt im Jahr 2014 hat er die Muse gefunden ein Solo-Album zu veröffentlichen. Gelöst hat er es wie die Mutterband, per Masse vorfinanziertes Projekt im Internet um die Finanzierung zu sichern. Über die Website Kickstarter konnte man ihn unterstützen und diverse Belohnungen auswählen. Nebst der normalen CD gab es auch die hübsche Special Edition mit Bonus-DVD und schönem Booklet. Darin finden sich wunderbare Bilder welche die instrumental gehaltene Musik toll begleiten.

Wie man es vom Marillion Gitarristen auch erwarten konnte, besteht sein musikalisches Output auch hier aus wunderbar sphärischem Art-Rock mit Prog und Space Einflüssen. Wunderbar findet er dabei einen Weg aus mit Melodien gezeichneten Bildern welche im Kopf gratis Reisen in ferne Welten offerieren und atmosphärischen Flächen und Soundscapes. Die Lieder starten dabei oft wie kleine Pflanzen im Schatten um sich immer mehr zu recken und gegen den Himmel zu wachsen und als gesamtes Album einen wunderbaren Wald voller seltenen Blumen, farbig gefederten Vögel und rauschenden Bächen zu gestalten. Als Mensch hangelt man sich darin träumerisch von Ast zu Ast und greift gerne in das von der Sonne gewärmte Moos. Über dem Blätterdach erklingen dabei Lieder aus allen Richtungen, die Gitarre schwebt majestätisch und bietet Progressive-, Space-, Art- oder gar altenglisch wirkenden Rock und Folk. Rothery spielt gerne mit Melodien und schweift auch mal in fröhliche Gebiete ab. Somit ist „The Ghost Of Pripyat“ eine entspannte und geniesserische Platte geworden die sich wunderbar neben Kollegen wie Mike Oldfield oder dem Spätwerk von Pink Floyd einordnen lässt. Gerade letztere hatten einen hörbaren Einfluss auf die Musik und das Flair von Gilmour schwingt immer mit.

Aufgenommen in den Real World Studios von Peter Gabriel klingt die CD wunderbar und hat die benötigte Tiefe für instrumentalen Rock. Alle Musiker die mitgespielt haben verfügen über ein grosses Talent und somit wurden alle Einfälle und Ideen super umgesetzt. Steve Rothery hat eine Songsammlung geschaffen, die sich immer wieder gut anhören lässt und als toller Begleiter für Reisen, verträumte Nachmittage oder Gedanken versunkene Stunden im Bett eignet. Ein Nachfolger ist sogar auch schon geplant, man darf gespannt sein.

Anspieltipps:
Morpheus, Old Man Of The Sea, White Pass

Elbow – Live At Jodrell Bank (2013)

Elbow_LiveJodrell_MBohli

Elbow – Live At Jodrell Bank
Label: Fiction Records, 2013
Format: Doppel-CD und DVD im Digipak
Links: Discogs, Band
Genre: Live, Art-Rock, Pop

„The Night Will Always Win, It Has Darkness On It’s Side.“ Jodrell Bank erstrahlte in dieser Nacht aber in voller Helligkeit, nicht nur dank der tollen und musikdienlichen Lichtshow, sondern auch wegen den lachenden Herzen und der guten Laune die über die Satellitenschüssel hinhaus strahlten. Elbow waren in der Stadt und beglückten Kinder, Jugendliche und Erwachsene im strömenden Regen. „Electric equipment in the rain, what could possibly go wrong?“

Guy Garvey steht gerne im Mittelpunkt, er ist der unangefochtene Zeremonienmeister der Band und verzaubert alle mit seiner Stimme und seinem Charme. So natürlich auch auf dem Livealbum das nach dem Werk „Build A Rocket Boys“ aufgenommen wurde. Wer die Truppe wie ich selber schon mal auf der Bühne erlebt hat weiss, der Mann singt wirklich so gut. Und er ist total charismatisch. Mit wenigen Worten zwischen den Songs packt er das Publikum und erzeugt dabei sofort eine lockere Atmosphäre. Der Zuschauer (oder in dem Fall eher Zuhörer) beginnt automatisch zu lächeln und glücklich mitzutanzen. Viel Magie versprühen auch die Lieder, Elbow verstehen ihre Musik mit viel Emotion, mit Streicher und Bläser und grossen Portionen Pathos anzumischen. Der Start mit „High Ideals“ belegt dies gleich bestens und taucht die Massen in grossartige Harmonien. Die Songauswahl bevorzugt natürlich vor allem Lieder der neusten Platten, aber auch ewige Klassiker wie „The Loneliness Of A Tower Crane Driver“ fügen sich wunderbar ein. Sehr schön an der Aufnahme ist auch, dass das Publikum in angenehmer Lautstärke zu hören ist. Ich mag solche Livealben, es verstärkt für mich das Gefühl mitten im Konzert zu sein und die Emotionen werden viel besser transportiert.

Obwohl der Auftritt nur um die 90 Minuten dauert, reicht diese Dauer aus um alle abzuholen und mit der Rakete namens Elbow auf den Planeten Glückseligkeit zu bringen. Und da ihre Musik allgemein als Livedarbietung gewinnt freuen mich vor allem die Versionen von Mirrorball, The Birds oder Station Approach. So schön das man vor Glück weinen möchte. Besser sind Elbow nur wenn man sie selber auf einer Bühne sieht.

Anspieltipps:
High Ideals, Perfect Weather To Fly, One Day Like This

Moby – Almost Home, Live At The Fonda (2014)

Moby_almosthome

Moby – Almost Home, Live At The Fonda
Label: Little Idiot, 2014
Format: 2CD, 2 DVD Digipack
Links: Discogs, Musiker
Genre: Electronica, Pop, Dance

Über Moby muss nicht viel geschrieben werden, der Mann hat sich seit den Neunziger zu einer Grösse in der Musikwelt entwickelt und eine eingeschworene Fangemeinschaft begleitet all seine Projekte. So wird jedes neue Album gespannt erwartet und mit offenen Armen empfangen, wie auch letztes Jahr „Innocents“. Die Platte setzt den angefangenen Weg fort und bereichert den Moby Kosmos mit weiteren schönen Songs in seiner speziellen Mischung aus Electronica, Pop und Traum. Als der Künstler dann aber verkündete, er spiele nur drei (!) Konzerte in Los Angeles und keine ganze Tour, verspürten viele Menschen einen Stich im Herzen. Moby live zu erleben ist eine unbeschreibliche Erfahrung und lohnt sich jedes Mal. Als Linderung des Schmerzes wurde ein Konzert per Streaming im Internet übertragen und ist jetzt als CD-DVD Paket erhältlich.

Das knapp dreistündige Konzert aus dem Fonda in LA besteht aus zwei Sets. Im ersten Teil spielt Moby mit seiner Band das komplette Innocents Album, danach folgt ein grosses Best Of seiner ganzen Karriere. Das ganze Konzert wurde sehr geschmackvoll gestaltet. So ist das Fonda ein altes Theater aus den 20er Jahren in welchem 2000 Zuschauer Platz finden, die Band steht komplett in weiss gekleidet auf der Bühne und die Lichtshow ist reduziert aber unterstützt die Lieder perfekt. Streichinstrumente sind nicht Sampels sondern echt, ein Chor singt mit. Moby selber spielt in schwarzer Kleidung Gitarre, Bongo, singt, hüpft, springt und spricht zwischen den Songs viel mit dem Publikum. Dabei erzählt er wie an jedem seiner Konzerte auf seine sympathische Art Anekdoten aus dem Musikerleben, bedankt sich tausend Mal bei Musiker und Publikum und geniesst den Abend komplett. Das überträgt von Beginn an eine wunderbare Stimmung auf die Zuschauer und auch wenn man sich das Konzert nun zu Hause auf dem Sofa anschaut glaubt man selber dabei zu sein und wird echt mitgerissen.

Innocents ist ein eher ruhiges Album, besitzt aber alle klassischen Moby Qualitäten. Echt toll ist, dass alle Gaststars auch live mit dabei sind. Es geben sich unter anderem Damien Jurado, Greg Dulli, Mark Lanegan und Skylar Grey die Klinke in die Hand. Das sorgt für Abwechslung und vergibt dem Konzert einen zusätzlichen Wert. Schön ist es, dass auch Moby selber immer wieder ehrfürchtig zu diesen Menschen schaut und zeigt: Er ist für sein Leben unendlich dankbar und weiss dies ist nicht selbstverständlich, Musik ist Leben. Wenn dann der Teil mit der Werkschau beginnt benötigen die Songs keine Gäste mehr. Ihre Qualität spricht für sich, denn die Lieder wurden vor dem Konzert von den Fans im Netz ausgewählt. Natürlich sind alle Hits dabei wie „Porcelain“, „Lift Me Up“, „Extreme Ways“ oder „In My Heart“. Auch die Anfangsphase der Karriere wird mit alte Ravesongs wie „Feeling So Real“ beachtet. Jeder der gerne Moby hört wird mit dieser Setlist zufrieden sein. Nicht verwunderlich ist dabei, dass die Zuschauer im Fonda aus der ganzen Welt angereist sind und per Stream über 500’000 zusätzliche Fans eingeschaltet haben. Dieses Livedokument lohnt sich nicht nur für den harten Kern der Moby Fans sondern für alle die mit seiner Musik etwas anfangen können. Berührt, macht glücklich und beeindruckt. Moby du bist weiterhin der Beste, aber bitte spiel doch wieder einmal in Europa.

Anspieltipps:
The Perfect Life, The Last Day, Go, Raining Again